1. Allgemeines
Rz. 472
Das englische Gesellschaftsrecht sieht die Verpflichtungen der Gesellschaft, über die Geschäftsvorfälle Buch zu führen (also Geschäftsbücher zu haben), einen jährlichen Jahresabschluss aufzustellen (Sec. 386 CA 2006), diesen grundsätzlich von den Geschäftsführern feststellen und unterzeichnen zu lassen (Sec. 414 CA 2006) und u.U. durch einen Prüfer prüfen zu lassen, als wesentliche Elemente des Gläubigerschutzes und des Schutzes der Gesellschafter vor einer schlechten Geschäftsführung durch die Geschäftsführer an. Geschäftsbücher müssen über die finanzielle Lage des Unternehmens, die Vermögenswerte und Vorräte und über die Geschäftsvorfälle Auskunft geben und als Grundlage für das Aufstellen des Jahresabschlusses geeignet sein. Der Jahresabschluss muss den Gesellschaftern in Form eines Director’s Report samt Remuneration Report (Vergütungsreport) sowie als Prüfungsbericht (Sec. 415 ff., 423 CA 2006) zugänglich gemacht werden. Die Buchführungsunterlagen müssen für drei Jahre nach dem Ende eines Geschäftsjahres aufbewahrt werden (Sec. 388 Abs. 4 CA 2006).
Rz. 473
Basis der Buchführungspflicht sind die einzelnen Geschäftsjahre der Ltd., die 12 Monate nicht überschreiten sollen. Im Einzelnen verlangt das Gesetz in Sec. 380–474 CA 2006 und ergänzenden Rechtsverordnungen eine standardisierte Form, die die Vorgaben der Richtlinien 78/660/EEG und 83/349/EEG sowie der unionsrechtlichen Verordnungen umsetzt. Im Regelfall der nicht zu einem Konzern gehörenden personalistischen Ltd. wird für die Gesellschaft ein Einzelabschluss erstellt, bei Konzernzugehörigkeit erfolgt eine Konsolidierung.
2. Aufstellung des Jahresabschlusses
a) Grundlagen
Rz. 474
In England bestehen für die dem Companies Act unterfallenden Gesellschaften nach dem CA (Sec. 471 CA 2006) Pflichten, einen Jahresabschluss nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben gemäß den allgemeinen handelsrechtlichen Grundlagen der Rechnungslegung (UK GAAP), die größenabhängig unterschiedliche Anforderungen an die Rechnungslegung der jeweiligen Ltd. vorgeben, zu erstellen. Die aufzustellenden Jahresabschlüsse müssen mindestens aus einer Bilanz und einer Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) und Erklärungen über die Beachtung der Geschäftsleiterpflichten bestehen. Wie bereits im Abschnitt über den Kapitalerhaltungsschutz gezeigt wurde (siehe Rdn 196 ff.), werden für Zwecke einer Dividendenausschüttung nochmals eigene Regeln aufgestellt, um die realisierten Gewinne und die realisierten Verluste der Gesellschaft zu ermitteln. Für die Ltd. besteht zudem die Verpflichtung, ihren Jahresabschluss grundsätzlich beim Register zu hinterlegen.
Rz. 475
Jahresabschlüsse sind auf das Ende eines Geschäftsjahres aufzustellen. Ein Geschäftsjahr beginnt jeweils am Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres oder im Fall der Gründung mit dem Tag der Gründung. Gesellschaften sind frei darin, das Ende ihres Geschäftsjahres zu wählen. Wenn sie kein ausdrückliches Geschäftsjahr bestimmen, ist immer der letzte Tag des Monats, der dem Gründungsmonat entspricht, kraft Gesetzes heranzuziehen. In der Praxis werden wie in Deutschland regelmäßig Geschäftsjahre von zwölf Monaten gewählt.
b) Gesetzliche Vorgaben zur Aufstellung des Jahresabschlusses
Rz. 476
Die grundsätzliche Vorgabe des Gesetzes ist, dass die Bilanz einen wahrheitsgemäßen Überblick über die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft zum Ende des Geschäftsjahres (true and fair view) ermöglichen und die Gewinn- und Verlustrechnung einen zutreffenden Einblick in das Geschäftsergebnis der Gesellschaft vermitteln muss (Sec. 393 CA 2006).
Rz. 477
Für sog. kleine Ltd.s können verkürzte Jahresabschlüsse nach Sec. 381 CA 2006 aufgestellt werden. Ein modifizierter Jahresabschluss für kleine Ltd.s verlangt nur eine inhaltlich verkürzte Bilanz und einen verkürzten Erläuterungsteil zur Bilanz, d.h., die kleine Ltd. wird von der Beifügung eines Lageberichts befreit und im Rahmen des Vorstandsberichts werden nur begrenzte Angaben verlangt. Zudem ist eine kleine Ltd. von der Prüfungspflicht befreit (Sec. 477 CA 2006). Unterhalb der Rechnungslegungsvorgaben für kleine Kapitalgesellschaften (siehe Rdn 479) existieren weitere Erleichterungen für Kleinstbetriebe (sog. micro entities) im Hinblick auf die Pflichtangaben des Jahresabschlusses. Kleinstbetriebe sind solche, die in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren zwei der folgenden Größenmerkmale unterschreiten: weniger als 626.000 englische Pfund an Umsatzerlösen, weniger als 316.000 englische Pfund als Bilanzsumme und nicht mehr als zehn Angestellte.
Rz. 478
Der verkürzte Jahresabschluss einer mittleren Kapitalgesellschaft muss eine vollständige Bilanz...