1. Freiwillige Auflösung einer solventen Ltd.
Rz. 537
Die freiwillige Auflösung der Gesellschaft im Fall einer solventen Gesellschaft setzt voraus, dass die Geschäftsführer in einer besonderen Erklärung versichern (Sec. 89 Abs. 4 Insolvency Act 1986), die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft untersucht zu haben, und aufgrund dieser Prüfung keine Gründe gegen die Annahme sprechen, dass die Gläubiger der Gesellschaft innerhalb der nächsten zwölf Monate nach dem Auflösungsbeschluss vollständig befriedigt werden können.
Rz. 538
Das Gesetz fingiert den Beginn des Übergangs von der werbenden Tätigkeit zur Liquidation ab dem Zeitpunkt, in dem der Auflösungsbeschluss gefasst worden ist (Sec. 84–86 Insolvency Act 1986). Ab diesem Zeitpunkt sind Liquidatoren zu bestellen.
Rz. 539
Die Befugnisse der Geschäftsführer enden mit dem Zeitpunkt, in dem der Liquidator bestellt worden ist. Möglich ist aber, durch besonderen Gesellschafterbeschluss den Geschäftsführern noch bestimmte Zuständigkeiten zu belassen. Die Liquidation hat auch für die Gesellschafter Auswirkungen. Ab dem Beginn der Liquidation bedürfen alle Anteilsveräußerungen der Zustimmung des Liquidators, und jede Änderung bezüglich der rechtlichen Ausgestaltung einer Beteiligung ist unwirksam (Sec. 88 Insolvency Act 1986).
Rz. 540
Aufgabe des Liquidators ist es, die Vermögenswerte der Gesellschaft nach Erfüllung aller Verbindlichkeiten unter den Gesellschaftern gleichmäßig und nach den Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag zu verteilen (Sec. 107 Insolvency Act 1986). Ist dies geschehen, muss der Liquidator bei einer Gesellschafterversammlung eine Liquidationsbilanz vorlegen, die von den Gesellschaftern gebilligt werden muss.
2. Freiwillige Auflösung einer insolventen Ltd.
Rz. 541
Liegt eine Versicherung der Geschäftsführer über die Solvenz der Gesellschaft nicht vor oder kommt der Liquidator im Rahmen eines begonnenen Auflösungsverfahrens zu der Überzeugung, dass die Gesellschaft ihre Verbindlichkeiten nicht vollständig decken kann, kann die Gesellschaft gleichwohl durch das Zusammenwirken der Gesellschafter und der Gläubiger freiwillig und ohne ein gerichtliches Insolvenzverfahren abgewickelt werden (sog. creditors’ voluntary winding up).
Rz. 542
Im Regelfall beginnt ein solches Verfahren mit einem Gesellschafterbeschluss mit ¾-Mehrheit, in dem die Auflösung der Gesellschaft beschlossen wird, weil sie aufgrund ihrer Verbindlichkeiten das operative Geschäft nicht fortführen soll (Sec. 90 Insolvency Act 1986). Innerhalb von 14 Tagen nach der Gesellschafterversammlung, auf der die Gesellschafter die Auflösung beschlossen haben, muss eine Gläubigerversammlung einberufen werden (Sec. 98 Insolvency Act 1986). Die Ladung zur Gläubigerversammlung müssen die Gläubiger mindestens sieben Tage vor dem Tag der Gläubigerversammlung erhalten haben. Die Einladung zur Gläubigerversammlung muss zudem in der London Gazette und mindestens zwei weiteren lokalen oder überregionalen Tageszeitungen veröffentlicht werden.
Rz. 543
Bei der Gläubigerversammlung müssen die Geschäftsführer einen aktuellen Vermögensstatus der Gesellschaft unter Aufschlüsselung der Aktiva und Passiva der Gesellschaft, ein Gläubigerverzeichnis und ein Verzeichnis aller Sicherheiten (Art der Sicherheit und Datum der Bestellung) der Gläubigerversammlung vorlegen (Sec. 99 Insolvency Act 1986).
Rz. 544
Bei der Gläubigerversammlung muss ein Liquidator bestellt werden (Sec. 100 Insolvency Act 1986). Werden verschiedene Liquidatoren vorgeschlagen, hat der von den Gläubigern vorgeschlagene Liquidator Vorrang. Die Geschäftsführungsbefugnisse der Geschäftsführer enden mit der Bestellung des Liquidators. Regelmäßig wird dem Liquidator ein sog. Gläubigerausschuss (liquidation committee) zur Seite gestellt. Gegenüber dem Gläubigerausschuss ist der Liquidator informationspflichtig.
Rz. 545
Hat der Liquidator die Vermögenswerte und Schulden der Gesellschaft vollständig abgewickelt, muss er der Gläubigerversammlung eine Liquidationsbilanz vorlegen.
3. Grundprinzipien des Verfahrens und Löschung der Gesellschaft
Rz. 546
Hinsichtlich der Grundsätze, die für die Verteilung und Verwertung des Gesellschaftsvermögens gelten, bestehen zwischen dem Insolvenzverfahren und dem freiwilligen Auflösungsverfahren keine Unterschiede. Auch hier ist insbesondere das Gleichbehandlungsgebot der Gläubiger zu beachten. Ein freiwilliges Auflösungsverfahren findet seinen Abschluss, wenn die Liquidationsbilanz dem Register übermittelt wird. Das Register hält den Zeitpunkt fest, zu dem es die Liquidationsbilanz erhalten hat. Drei Monate nach diesem Zeitpunkt ist die Gesellschaft gelöscht (Sec. 201 Insolvency Act 1986).