1. Zulässigkeit einer Kapitalherabsetzung
Rz. 183
Die Entscheidung Trevor vs. Whithworth definierte die Kriterien, nach denen das Common Law die Kapitalerhaltung vorsah. Die Grundregel in Trevor vs. Whithworth lautet, dass aufgezahltes Kapital auf die Anteile nicht an die Gesellschafter zurückgegeben werden darf, es sei denn, ein Gericht erlaubt die Rückzahlung. Diese Grundregel des Common Law behält nur partiell ihre Gültigkeit, da der CA 2006 eine Kodifikation des geltenden Rechts in diesem Bereich enthält.
Rz. 184
Das von den gesetzlichen Regelungen zur Kapitalherabsetzung (Sec. 641, 610 Abs. 4, 669 CA 2006) geschützte Kapital umfasst bei der Ltd. im praktischen Regelfall das ausgegebene Kapital (issued share capital) der Gesellschaft und die Rücklage aus Aufgeldern (share premium account), die bei der Ausgabe der Anteile gebildet wurde. Dasselbe gilt für die seltener anzutreffenden Rücklagen für einziehbare Anteile (Sec. 733 Abs. 6 CA 2006). Als mittelbare Formen wurden der Rückkauf eigener Anteile und die Einziehung befristeter Anteile, finanziert durch Mittel aus dem Kapital, bereits behandelt (siehe Rdn 159 ff. und 170 ff.).
2. Praktische Anwendungsfälle
Rz. 185
Als Anlässe für eine Kapitalherabsetzung werden vom Gesetz in Sec. 641 Abs. 4 CA 2006 als nicht abschließende Regelbeispiele genannt:
▪ |
der Verzicht der Gesellschaft auf noch nicht eingeforderte Gesellschaftereinlagen, |
▪ |
die Löschung aufgezahlter Anteile, wenn dem aufgezahlten Kapital keine Aktiva der Gesellschaft mehr gegenüberstehen (Kapitalschnitt), und schließlich |
▪ |
die Herabsetzung des aufgezahlten Kapitals der Gesellschaft durch Änderung des Nennwertes der einzelnen Anteile oder des Nominalkapitals. |
Rz. 186
In der Praxis kommt dem Verzicht auf die bislang nicht eingeforderten Gesellschaftereinlagen wenig Relevanz zu, da aufgrund des nicht bestehenden gesetzlichen Mindestkapitals alle Anteile in einer Ltd. bei ihrer Zeichnung regelmäßig vollständig aufgezahlt werden und bei Geltung der Table A auch müssen. Der Kapitalschnitt wird meist durchgeführt, um die Möglichkeit von Dividendenausschüttungen für die Gesellschafter wiederherzustellen. Wird ein solcher Kapitalschnitt durchgeführt, wird lediglich ein Teil des Nominalkapitals ausgebucht, jedoch nichts an die Gesellschafter zurückgezahlt. Nur dann, wenn bei einem Kapitalschnitt auch Geld an die Gesellschafter ausgekehrt wird, muss zum Schutz der Gläubiger in Höhe des ausgekehrten Betrags eine Rücklage gebildet werden. Die Anforderungen sind insofern denen beim Rückkauf eigener Anteile vergleichbar.
3. Voraussetzungen und Ablauf einer Kapitalherabsetzung
Rz. 187
Erforderlich ist nach Sec. 641 CA 2006 ein Beschluss der Gesellschafter mit 75 %-Mehrheit, der entweder – wie im alten Recht – einer gerichtlichen Bestätigung bedarf oder ohne gerichtliche Zustimmung nunmehr alternativ durch eine Versicherung der Geschäftsführer über die uneingeschränkt fortbestehende Zahlungsfähigkeit ersetzt werden kann (solvency statement gem. Sec. 642 CA 2006). Ist die Zustimmung der Gesellschafter einer separaten Anteilsklasse erforderlich (Sec. 630 CA 2006), müssen auch diese Gesellschafter einen außerordentlichen Gesellschafterbeschluss fassen (siehe Rdn 271 ff.).
Rz. 188
Die Geschäftsführer müssen die Gesellschafter zur Gesellschafterversammlung laden. Die Ladung muss innerhalb von 21 Tagen vor der Gesellschafterversammlung bei den Gesellschaftern vorliegen und auf die Möglichkeit der Bevollmächtigung hinweisen. Soll die Gesellschafterversammlung in kürzerer Frist stattfinden, muss jeder der Gesellschafter schriftlich auf die Einhaltung der Ladungsfrist verzichten. Der Ladung sind spezielle Anlagen (circular) beizufügen, in denen die Gesellschafter informiert werden (siehe Rdn 364).
Rz. 189
Nach der Beschlussfassung kann nach wie vor von der Ltd. der Weg beschritten werden, die Kapitalherabsetzung gerichtlich bestätigen zu lassen. Erst mit der Zustimmung des Gerichts wird der Beschluss wirksam. Bei seiner Prüfung des Gesellschafterbeschlusses zur Kapitalherabsetzung prüft das Gericht hauptsächlich, ob alle Anteilseigner gleichmäßig belastet werden, es sei denn, bestimmte Anteilsklassen lassen eine ungleichmäßige Belastung zu. Des Weiteren prüft das Gericht, ob den Anteilseignern vor der Beschlussfassung ausreichende Informationen zur Verfügung standen. Drittens sind die Gläubiger an dem Verfahren zu beteiligen. Im Falle eines Gläubigerwiderspruchs darf das Gericht nicht zustimmen. Damit ein Gläubiger der Kapitalherabsetzung widersprechen kann, muss er darlegen und nachweisen, dass er einen Anspruch gegen die Ltd. hat und eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, mit der Forderung auszufallen. In der Praxis ist jede Kapitalherabsetzung der Gesellschaft mit einer Inventarisierung der bestehenden Verbindlichkeiten und Schulden seitens der Gesellschaft verbunden, und es ist der Nachweis zu führen, dass auch nach der Herabsetzung des Kapitals alle Gläubiger befriedigt werden können.
Rz. 190
Das Gericht kann in seiner Entscheidung von dem Gesellschafterbeschluss abweichen und der Herabsetzung in e...