Leitsatz
Zur Erfüllung der Einlagepflicht reicht grundsätzlich die Zahlung auf ein im Debet geführtes Konto aus, sofern die Geschäftsführung die Möglichkeit erhält, über einen Betrag in Höhe der Einlageleistung frei zu verfügen.
Sachverhalt
Der Kläger ist Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der X-GmbH. Der Ehemann E der Beklagten B hatte im Vorfeld des Unternehmenszusammenbruchs eine Erhöhung des Stammkapitals um 450000 DM beschlossen. Davon übernahmen er selbst 400000 DM, die Beklagte 50000 DM. Mit der Begründung, der Kapitalerhöhungsbetrag von 400000 DM sei nicht wirksam eingezahlt worden, erwirkte der Kläger in einem Vorprozess ein rechtskräftiges Zahlungsurteil gegen E in dieser Höhe. Da die Zwangsvollstreckung erfolglos blieb, nahm er nun die Beklagte als Mitgesellschafterin gemäß § 24 GmbHG auf Zahlung der 400000 DM in Anspruch. Der BGH gab der Klage – anders als die Vorinstanzen – nur teilweise statt, da E nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss unstreitig 172700 DM auf ein debitorisch geführtes Gesellschaftskonto gezahlt hatte.
Entscheidung
E hat seine Einlageschuld in Höhe eines Teilbetrags von 172700 DM getilgt, indem er diesen Betrag auf das Konto der Gesellschaft überwiesen hat.
Ein Gesellschafter erfüllt seine Einlagepflicht, indem er den Einlagebetrag zur freien Verfügung der Geschäftsführer an die Gesellschaft zahlt. Das gilt auch dann, wenn die Zahlung in dem Zeitraum zwischen einem Kapitalerhöhungsbeschluss und der Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister erfolgt. Eine wertgleiche Deckung bis zu der Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister ist nicht erforderlich. Ausreichend ist auch eine Zahlung auf ein im Debet geführtes laufendes Konto der Gesellschaft, sofern die Geschäftsführung die Möglichkeit hat, über den eingezahlten Betrag frei zu verfügen. Dabei ist nicht entscheidend, ob der Gesellschaft ein entsprechender Kreditrahmen förmlich eingeräumt worden ist. Es reicht vielmehr aus, dass die Geschäftsführung infolge der Einzahlung in die Lage versetzt wird, erneut einen Kredit in Höhe des eingezahlten Betrags in Anspruch zu nehmen. Dies gilt auch dann, wenn die Bank das Ausschöpfen der Kreditlinien bloß stillschweigend gestattet.
Praxishinweis
Anders ist die Lage bei Zahlungen vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss. Denn dieser bringt im Kapitalaufbringungssystem der GmbH die maßgebliche Zäsur. Voreinzahlungen auf die künftige Kapitalerhöhung haben nur dann schuldtilgende Wirkung, wenn der eingezahlte Betrag im Zeitpunkt der Fassung des Erhöhungsbeschlusses noch als solcher im Vermögen der Gesellschaft vorhanden ist. Dem steht es nach Auffassung des BGH nicht gleich, dass auf ein debitorisches Konto der Gesellschaft eingezahlt wird und die Bank nach Verrechnung der Gutschrift eine Verfügung über den Einlagebetrag zulässt.
Link zur Entscheidung
BGH-Urteil vom 8.11.2004, II ZR 362/02