Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz
Mit dem am 31.1.2007 veröffentlichten Beschluss erklärte das Bundesverfassungsgericht die erbschaftsteuerlichen Tarifvorschriften (§ 19 ErbStG) wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG mit der Verfassung für unvereinbar. Denn für alle Vermögensarten kommt ein einheitlicher Steuersatz zur Anwendung, obwohl wesentliche Gruppen von Vermögensgegenständen nicht mit einem an den gemeinen Wert angenäherten Steuerwert in die Bemessungsgrundlage eingehen. Das Gericht forderte den Gesetzgeber auf, die Vermögensbewertung bis zum 31.12.2008 neu zu regeln.
Bewertungsmaßstab generell der Verkehrswert
Der Gesetzgeber hat durch die Ausgestaltung der Erbschaftsteuer als Erbanfallsteuer eine Grundentscheidung für die Besteuerung des durch den Vermögensübergang entstehenden Zuwachses der Leistungsfähigkeit getroffen. Dieser wird dadurch realisiert, dass der Erwerber aufgrund des Vermögenstransfers über Geld bzw. Vermögensgegenstände mit einem Geldwert verfügt. Der Geldwert kann in der Regel nur durch einen Verkauf realisiert werden. Damit ergibt sich der Zuwachs der Leistungsfähigkeit beim Erwerb von nicht in Geld bestehenden Vermögensgegenständen "aus dem bei einer Veräußerung unter objektiven Bedingungen erzielbaren Preis". Dieser entspricht dem Verkehrswert.
Annäherung an gemeinen Wert
Das Bundesverfassungsgericht weist darauf hin, dass ohne eine tatsächliche Veräußerung der gemeine Wert nicht exakt ermittelbar ist. Es lässt deshalb bei der Bewertung aller Vermögensgegenstände eine Annäherung an den gemeinen Wert bzw. Verkehrswert genügen. Die Bewertungsmethoden müssen aber so ausgestaltet sein, dass es bei den einzelnen Vermögensarten in der Relation zueinander zu einer Annäherung an den gemeinen Wert und es auch innerhalb der Vermögensart zu keiner Ungleichbehandlung kommt.
Begünstigung bestimmter Vermögensgegenstände möglich
Der Gesetzgeber kann in einem zweiten Schritt den Erwerb bestimmter Vermögensgegenstände durch Verschonungsregelungen begünstigen, wenn hierfür ausreichende Gemeinwohlgründe vorliegen. Diese müssen "den allgemein für Regelungen zur außerfiskalischen Lenkung oder Förderung geltenden verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen". Der Gesetzgeber muss erkennbar den verfolgten Lenkungszweck gleichheitsgerecht ausgestalten und den Kreis der Begünstigten sachgerecht abgrenzen.
Für Steuerverschonung Gemeinwohlgründe erforderlich
Erforderlich hierfür ist, die Verschonungsregelungen so auszugestalten, dass "die Begünstigungswirkungen ausreichend zielgenau und innerhalb des Begünstigtenkreises möglichst gleichmäßig eintreten". Keine Vorgaben macht das Bundesverfassungsgericht zum genauen Umfang der Verschonungsregelungen. Der Beschluss enthält jedoch Anhaltspunkte für die Zulässigkeit sehr weit reichender Regelungen, wenn die o. g. Voraussetzungen tatsächlich vorliegen. Das Gericht schreibt auch keine bestimmte Methode zur Ausgestaltung der Verschonungsregelungen vor.
Als Verschonungsregelungen kommen somit sowohl auf die Vermögensart bezogene sachliche Steuerbegünstigungen als auch nach der Person des Erwerbers differenzierende Maßnahmen in Betracht. Die Verschonung kann durch Abschläge, Freibeträge oder eine Differenzierung des Steuertarifs, in Ausnahmefällen auch bis zu einer völligen Freistellung des Vermögensgegenstands von der Steuer erfolgen.