Zweifel des Bundesfinanzhofs

Der Bundesfinanzhof hält die geltende Erbschaft- und Schenkungsteuer für verfassungswidrig. Er hat mit einem am 10.10.2012 veröffentlichten Beschluss[1] diese Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Nach dem Vorlagebeschluss sieht der Bundesfinanzhof in den Steuervergünstigungen für die unentgeltliche Übertragung von Unternehmensvermögen, wie sie für Erwerbe nach dem 31.12.2008 gelten, eine verfassungswidrige Überprivilegierung.

Verstoß gegen Artikel 3 GG

Konsequenz hieraus sei, dass die Steuersätze, die keine Differenzierung zwischen dem Erwerb von Unternehmensvermögen und übrigem Vermögen vorsehen, gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikels 3 GG verstoßen würden. Zudem sei das vom Gesetzgeber gewählte Kriterium der Lohnsumme für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigungen nicht geeignet, risikobehaftetes Betriebsvermögen von nicht begünstigtem risikolosem Vermögen abzugrenzen. Dies widerspräche dem verfassungsrechtlichen Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung gesetzlicher Vorschriften.

Wie geht es weiter?

Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesverfassungsgericht die Richtervorlage des Bundesfinanzhofs für zulässig hält und ob es den Gesetzgeber – dann zum dritten Mal – zu einer Neuregelung zwingt. Völlig offen ist, wann mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu rechnen ist.

 
Hinweis

Betroffene müssen nicht Einspruch einlegen!

Die Rechtsposition aller Betroffenen, die aktuell einen Steuerbescheid über eine Erbschaft-/Schenkungsteuer erhalten, bleibt in dieser Frage gewahrt, ohne dass sie selbst tätig werden, also Einspruch einlegen müssen. Die Finanzministerien der Länder haben am 14.11.2012 gleichlautende Erlasse herausgegeben.[2] Danach erfolgen die Steuerfestsetzungen hinsichtlich der im o. a. Beschluss aufgeworfenen Frage der Verfassungsmäßigkeit der Erbschaft- und Schenkungsteuer vorläufig. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ggf. erforderliche Änderungen werden damit von den Finanzämtern automatisch berücksichtigt.

[2] FM Baden-Württemberg, Erlass v. 14.11.2012, 3 – S 033.8/69, BStBl 2012 I S. 1082.

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