Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Bei einer auf bestimmte Zeit beschränkten wiederkehrenden Nutzung oder Leistung ist der Kapitalwert mit dem aus der Anlage 9a zum BewG zu entnehmenden Vielfachen des Jahreswerts der Nutzung anzusetzen.
Immerwährende Nutzungen oder Leistungen sind nach § 13 Abs. 2 BewG mit dem 18,6-fachen des Jahreswerts, Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer mit dem 9,3-fachen des Jahreswerts anzusetzen.
Nach Rechtsprechung des BFH liegt eine immerwährende Nutzung oder Leistung vor, wenn ein Ende überhaupt nicht abzusehen ist oder deren Ende von Ereignissen abhängt, bei denen ungewiss ist, ob und wann sie jemals eintreten. Dies ist z. B. bei einer im Grundbuch eingetragenen unbegrenzten Dienstbarkeit der Fall.
Eine Nutzung oder Leistung von unbestimmter Dauer liegt vor, wenn ein Ende in absehbarer Zeit sicher, der Zeitpunkt des Wegfalls ungewiss ist. Dabei ist es gleichgültig, ob der Zeitpunkt des Wegfalls schon ungefähr abzusehen ist oder ob dafür noch keinerlei Anhaltspunkte gegeben sind.
Leistung von unbestimmter Dauer entspricht ca. 13jähriger Leistung
Der Vervielfältiger bei einer unbestimmten Dauer von 9,3 entspricht ungefähr einem Vervielfältiger bei einer 13-jährigen Nutzung. Soweit von einer Nutzung ausgegangen werden kann, die wahrscheinlich deutlich unter dieser Laufzeit liegen wird, sollte versucht werden, Argumente für eine "auf bestimmte Zeit beschränkten" Nutzung zu finden.
Eine gesetzlich vorgeschriebene Anwendung des Vervielfältigers für eine unbestimmte Dauer liegt bei der als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG anzusetzenden Grabpflegeleistung vor.
Grabpflegeleistungen als Leistungen von unbestimmter Dauer
Erbe E ist Alleinerbe nach seinem verstorbenen Vater V. Neben den Beerdigungskosten von 8.000 EUR hat E auch die Grabpflege für das Grab übernommen. Jährlich zahlt er 800 EUR an die Friedhofsgärtnerei.
Die nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG zu berücksichtigenden Nachlassverbindlichkeiten betragen 8.000 EUR für die Beerdigung sowie für die Grabpflegekosten (800 EUR x 9,3 =) 7.440 EUR, insgesamt also (8.000 EUR + 7.440 EUR =) 15.440 EUR. Dieser Betrag liegt auch über dem Pauschbetrag von 10.300 EUR nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG.
Grundsätzlich kann der Steuerpflichtige nach § 13 Abs. 3 BewG auch einen niedrigeren gemeinen Wert für die Nutzung oder Leistung nachweisen. Allerdings darf sich dieser geringere gemeine Wert nicht darauf stützen, dass mit einer niedrigeren Verzinsung als mit 5,5 % gerechnet worden ist oder eine andere als mittelschüssige Verzinsung unterstellt worden ist.