OFD Magdeburg, Verfügung v. 19.1.1999, S 3830 - 2 - St 333
1. Haftung der Versicherungsunternehmen bei Zahlung nach Erbfällen und in Fällen der Schenkung § 20 Abs. 6 Satz 1 ErbStG)
Versicherungsunternehmen , die vor Entrichtung oder Sicherstellung der Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer die von ihnen zu zahlende Versicherungssumme oder Leibrente in ein Gebiet außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes zahlen oder außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes wohnhaften Berechtigten zur Verfügung stellen, haften nach § 20 Abs. 6 ErbStG in Höhe des ausgezahlten Versicherungsbetrages für die Steuer. Das Tatbestandsmerkmal „außerhalb” erfordert, daß der Berechtigte im Inland weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für die Haftung der Versicherungsunternehmen ist ein Verschulden nicht erforderlich. Die Haftung nach § 20 Abs. 6 ErbStG setzt eine Steuerpflicht nach dem Versicherungsnehmer voraus. Versicherungssummen, die dem Versicherungsnehmer selbst ausgezahlt werden, stellen keinen erbschaftsteuerpflichtigen Vorgang dar. Die Versicherungsunternehmen können daher Zahlungen an Versicherungsnehmer selbst vornehmen. Das gilt sowohl hinsichtlich der Versicherungssummen, die sie vertragsgemäß zu Lebzeiten des Versicherungsunternehmers an diesen auszahlen, als auch für alle sonstigen Zahlungen an den Versicherungsnehmer (wie z.B. die Auszahlung von Vorauszahlungen, Gewinnguthaben, Rückkaufswerten, Deckungskapitalien oder von im Wege des Vergleichs vereinbarten Beträgen). Werden solche Zahlungen dagegen an einen anderen als den Versicherungsnehmer gezahlt, so kann insoweit eine Schenkung des Versicherungsnehmers vorliegen und Schenkungssteuerpflicht gegeben sein. In Fällen dieser Art kann daher, wenn die Zahlung in das Ausland oder an einen ausländischen Berechtigten erfolgt und der Betrag 1.000 DM übersteigt § 20 Abs. 7 ErbStG), eine Haftungsinanspruchnahme des Versicherungsunternehmens in Betracht kommen.
2. Haftung der Vermögensverwahrer bei Zahlung nach Erbfällen § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG)
In der gleichen Weise haften Personen, in deren Gewahrsam sich Vermögen des Erblassers im Zeitpunkt des Todes befindet (Banken, Testamentsvollstrecker, Notare, Treuhänder, Nachlaßverwalter und -pfleger), soweit sie das Vermögen vorsätzlich oder fahrlässig vor Entrichtung oder Sicherstellung der Erbschaftsteuer in das Ausland bringen oder ausländischen Berechtigten zur Verfügung stellen. Die Haftung ist beschränkt auf das zur Verfügung gestellte Gewahrsamsvermögen. Bei sog. Oder-Konten bzw. Oder-Depots, die für Ehegatten angelegt waren und über die Ehegatten getrennt verfügen konnten, haften die Geldinstitute nach dem Tod eines der beiden Ehegatten – ungeachtet des Verfügungsrechts des überlebenden Ehegatten – auch insoweit, als es sich um den Anteil des Erblassers an einem solchen Konto oder Depot handelt. Als Gewahrsam im Sinne des § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG gilt jede Art von Gewahrsam. Der Begriff umfaßt somit auch den am Inhalt des Schließfachs bestehenden Mitgewahrsam der Geldinstitute. Wird der Inhalt des Schließfachs dem ausländischen Berechtigten fahrlässig „zur Verfügung gestellt”, indem ihm die Geldinstitute die Entnahme des Erblasservermögens gestatten, ohne sich vorher zu vergewissern, daß die Erbschaftsteuer entrichtet oder sichergestellt ist, ist die Anwendung der Haftungsvorschrift für Banken § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG) zu prüfen. Eine Haftung der Geldinstitute nach § 20 Abs. 6 ErbStG kommt nicht in Betracht, wenn diese dem inländischen Testamentsvollstrecker Guthaben auszahlen oder Vermögenswerte zur Verfügung stellen. Dasselbe gilt, wenn sie auf Anweisung des inländischen Testamentsvollstreckers unmittelbar Zahlungen in das Ausland oder an die ausländischen Erben oder an sonstige ausländische Berechtigte vornehmen oder ihnen Vermögenswerte zur Verfügung stellen. Dem inländischen Testamentsvollstrecker kann in diesem Zusammenhang der inländische Bevollmächtigte der im Ausland wohnhaften Erben nicht gleichgestellt werden.
3. Umfang der Haftung
Die Haftung nach § 20 Abs. 6 ErbStG bezieht sich auf die Steuer; steuerliche Nebenleistungen werden nicht einbezogen. Sie erstreckt sich auf die gesamte Steuer, nicht nur auf den Teil der Steuer, der auf die Versicherungssumme bzw. auf das sich im Gewahrsam befindende Vermögen des Erblassers entfällt.
Normenkette
ErbStG § 20 Abs. 6