a) Tatsächlicher Jahreswert
Unter dem Jahreswert ist der Wert der Nutzung während eines Jahres zu verstehen. Als Jahreswert ist der Reinertrag zugrunde zu legen. Dieser ergibt sich, wenn die vom Nießbraucher zu tragenden Kosten von den Einnahmen abgezogen werden. Maßgebend sind hier die Verhältnisse im Zeitpunkt der Steuerentstehung.
Zu keinen Auswirkungen führen nachträgliche Wertveränderungen. Es bleibt also beim einmal festgesetzten Jahreswert.
Bei schwankenden Beträgen ist § 15 Abs. 3 BewG zu beachten, wonach als Jahreswert der Betrag zugrunde zu legen ist, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt werden wird. In der Regel ist hier der Durchschnittsertrag der letzten 3 Jahre maßgebend.
Schätzung des Durchschnittswerts
Bei der Schätzung des Durchschnittswerts können ausnahmsweise Ereignisse berücksichtigt werden, die in nicht allzu langer Zeit nach dem Besteuerungszeitpunkt eingetreten sind.
Tatsächlicher Jahreswert
Vater V wendet seiner Tochter T den Nießbrauch an einem Dreifamilienhaus zu. Die Wohnungsmiete beträgt monatlich 1.350 EUR. Die von T zu tragenden durchschnittlichen Kosten belaufen sich im Jahr auf 12.100 EUR.
Der Jahreswert berechnet sich wie folgt:
Einnahmen: 1.350 EUR × 3 Wohnungen × 12 Monate = |
48.600 EUR |
abzüglich durchschnittliche Kosten |
./. 12.100 EUR |
Jahreswert |
36.500 EUR |
Der tatsächliche, im Allgemeinen höhere Jahreswert dürfte wohl aufgrund der Begrenzung durch § 16 BewG (siehe nachstehend) eher selten zur Anwendung kommen.
Darüber hinaus ist hier noch Folgendes zu beachten:
Der Jahreswert des Nießbrauchrechts ist unter Abzug der Schuldzinsen für die zum Zeitpunkt der Zuwendung bestehenden Darlehen zu ermitteln, wenn die Schuldzinsen vom Schenker als Nießbraucher während des Bestehens des Nießbrauchsrechts aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung getragen werden.
Bei der Berechnung des Jahreswerts eines Nießbrauchsrechts gilt noch Folgendes:
Liegt eine Grundstücksübertragung gegen Vorbehaltsnießbrauch vor, mindern die vom Nießbraucher weiterhin zu tragenden Zins- und Tilgungsleistungen den nach § 10 Abs. 5 ErbStG zu berücksichtigenden Wert des Nießbrauchsrechts nicht.
b) Begrenzung des Jahreswerts durch § 16 BewG
§ 16 BewG sieht für den Jahreswert eine Begrenzung vor. Nach dieser Vorschrift kann der Kapitalwert des Nießbrauchs höchstens den Wert betragen, der sich ergibt, wenn der für das genutzte Wirtschaftsgut nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes anzusetzende (Steuer-)Wert durch 18,6 geteilt wird.
Durch diese Regelung soll sichergestellt werden, dass der Kapitalwert des Nießbrauchs nicht höher ist als der (steuerliche) Wertansatz des genutzten Gegenstands.
Ausgangswert für die Berechnung ist der nach § 157 Abs. 3 BewG i. V. m. § 176 BewG – § 197 BewG festgestellte Grundbesitzwert, und zwar vor Abzug von Schulden und Lasten.
Nach Auffassung des BFH ist die Begrenzung des Jahreswerts von Nutzungen nach § 16 BewG auch nach Inkrafttreten des ErbStRG 2009 anwendbar. Dies gilt hierbei immer dann, wenn der Nutzungswert bei der Festsetzung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer vom gesondert festgestellten Grundbesitzwert abgezogen wird.
Hingegen ist die Begrenzung des § 16 BewG nicht anzuwenden, wenn der Nutzungswert bei der Ermittlung des niedrigeren gemeinen Werts eines Grundstücks abgezogen wird.
Begrenzung des Jahreswerts
Für ein Mietwohngrundstück ergibt sich in 2023 ein tatsächlicher Jahreswert i. H.v. 24.500 EUR. Der nach dem Bewertungsgesetz anzusetzende Steuerwert (§ 184 BewG ff.) beläuft sich auf 409.500 EUR.
Wird gem. § 16 BewG der Steuerwert i. H. v. 409.500 EUR durch 18,6 geteilt, so ergibt sich ein Wert von 22.016 EUR. Da dieser Wert niedriger ist als der tatsächliche Jahreswert (24.500 EUR), ist hier der Jahreswert von 22.016 EUR maßgebend.
Die Vorschrift des § 16 BewG gilt gleichermaßen für den Nießbrauchsverpflichteten wie auch für die nießbrauchsberechtigte Person.