Für den Erben ist der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch eine Nachlassverbindlichkeit, die er bei der Ermittlung seines steuerpflichtigen Erwerbs abziehen kann (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG). Hierbei sind aber die Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2020 zu beachten; ferner auch die zum Jahressteuergesetz 2020 ergangenen Gleich lautenden Ländererlasse.
Gleich laufend mit der Besteuerung des Pflichtteilsberechtigten kann der Erbe den Abzug der Pflichtteilsverbindlichkeit erst im Zeitpunkt der Geltendmachung vornehmen.
Dies gilt auch in dem Fall, dass der Erbe eines Pflichtteilsanspruchs diesen als Erwerb aufgrund Erbanfalls zu versteuern hat.
Der Verpflichtete kann die Verbindlichkeit erst abziehen, wenn der Erbe den Pflichtteilsanspruch geltend macht (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG).
Wurde er schon zur Erbschaftsteuer veranlagt, dann ist die ursprüngliche Veranlagung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern (als so genanntes steuerlich rückwirkendes Ereignis). Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.
Hinsichtlich der Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs nach dem Tod des Pflichtteilsverpflichteten sind die BFH, Urteile vom 5.2.2020 zu beachten. Hiernach gelten im Erbschaftsteuerrecht die infolge des Erbanfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung zivilrechtlich erloschenen Rechtsverhältnisse gemäß § 10 Abs. 3 ErbStG als nicht erloschen. Dabei umfasst diese Fiktion auch das Recht des Pflichtteilsberechtigten, der der Alleinerbe des Pflichtteilsverpflichteten ist, die Geltendmachung des Pflichtteils fiktiv nachzuholen. Jedoch reicht die Konfusion nicht so weit, dass der zivilrechtlich aufgrund Konfusion erloschene Pflichtteilsanspruch auch dann noch geltend gemacht werden kann, wenn er im Zeitpunkt der Geltendmachung zivilrechtlich verjährt war.
Bewertung der Pflichtteilsverbindlichkeit
Die Bewertung der Pflichtteilsverbindlichkeit erfolgt korrespondierend mit der Besteuerung des Pflichtteilsberechtigten mit dem Nennwert.
Auch die Abfindungsleistung, die der Erbe an den Pflichtteilsberechtigten bei dessen Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch zahlt, ist eine bei ihm abzugsfähige Erbfallschuld.
Abfindungsleistung erst beim Tod des Erben fällig
Sofern die Abfindungsleistung aber erst beim Tod des Erben fällig sein soll, ist ein Abzug nicht möglich. Denn in diesem Fall stellt die Abfindungsleistung für den Erben keine wirtschaftliche Belastung dar.
Wird vom Erben als Abfindung Vermögen übertragen, dessen Steuerwert geringer ist als der Nennwert des Pflichtteilsanspruchs, so ist korrespondierend mit dem Berechtigten der Steuerwert maßgebend.
Durch den Ansatz des übertragenen Vermögens mit dem gemeinen Wert kann dies in vielen Fällen keine Auswirkung haben. Hier hängt es davon ab, ob durch die typisierte Bewertung der gemeine Wert erreicht wird oder nicht.
Hat der Erbe noch zu Lebzeiten des Erblassers eine Abfindung an den auf sein Erbe oder Pflichtteil verzichtenden Berechtigten erbracht, dann kann er diese als Kosten zur Erlangung seines Erwerbs abziehen. Die einschränkende Beerdigungskostenpauschale nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG greift nicht, die Abfindung kann in voller Höhe abgezogen werden.
Leistet ein Dritter die Abfindung, ist auch dieser zum Abzug berechtigt – allerdings unter der Maßgabe, dass in der Zahlung des Dritten an den Abfindungsempfänger eine Schenkung des Dritten an den Erben gesehen wird.