Leitsatz
Ein wegen fehlender inhaltlicher Bestimmtheit nichtiger Verwaltungsakt der Steuerbehörde ist kein tauglicher Vollstreckungstitel im Sinne des § 792 ZPO; sie hat daher keine Antragsbefugnis im Erbscheinsverfahren.
Sachverhalt
Der Erblasser hat Gewerbesteuerschulden. Die Finanzverwaltung beantragt den Erlass eines Erbscheins mit dem Ziel, dass das Erbrecht der Witwe des Erblassers bezeugt wird. Der Antrag wurde zurückgewiesen.
Entscheidung
Die weitere Beschwerde ist in der Sache unbegründet. Das Recht zur Beantragung eines Erbscheins steht nicht jedem zu, der an der Erteilung ein rechtliches Interesse hat. Neben den Erben sind dies ausschließlich Personen, die auf Grund gesetzlicher Aufgabenzuweisung oder Rechtsnachfolge die Rechte des Erben wahrnehmen bzw. die durch einen vollstreckbaren Titel nach § 792 ZPO ermächtigt sind, in diese Rechte einzugreifen.
Bei der öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvollstreckung wegen Geldleistungen ist § 792 ZPO nur auf bestimmte Fallgestaltungen anwendbar. Dies gilt zunächst für selbst geschaffene Titel (Grundverwaltungsakte) und deren Durchsetzung im Wege der Selbstvollstreckung. Soll jedoch in das unbewegliche Vermögen des Geldleistungsschuldners vollstreckt werden, hat die Vollstreckungsbehörde wegen des Verweises auf die für die gerichtliche Zwangsvollstreckung geltenden Vorschriften nur die Stellung eines Zwangsvollstreckungsgläubigers, so dass sie zum Nachweis der Erbeneigenschaft eines Erbscheins bedarf.
Die hier fraglichen Gewerbesteuerbescheide sind an eine Gesellschaft als Steuerschuldnerin und insoweit an den Erblasser nur als Bekanntgabeadressaten gerichtet. Damit stellen sie keine Leistungsbefehle an den Erblasser persönlich dar. Auch die späteren, an den Erblasser persönlich gerichteten Mahnungen sind wegen Nichtigkeit unwirksam, da es an der Benennung des Inhaltsadressaten fehlt, nämlich der Angabe, wem gegenüber der Einzelfall geregelt werden soll.
Diese Mahnungen bringen auch nicht im Wege der Auslegung in der erforderlichen Klarheit zum Ausdruck, ob durch sie der Erblasser selbst oder eine juristische Person als Schuldner der angemahnten Steuern und Gebühren in Anspruch genommen werden soll.
Folglich liegt ein nichtiger Verwaltungsakt vor, der kein tauglicher Vollstreckungstitel sein kann, so dass auch kein Anspruch auf Erteilung eines Erbscheins aus § 792 ZPO besteht.
Link zur Entscheidung
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 15.05.2006, 3 W 69/06