FinMin Schleswig-Holstein, Erlaß v. 13.9.2013, VI 353 - S 3812 a - 005
Behandlung stimmrechtsloser Vorzugsaktien im Rahmen der Poolregelung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 und § 13b Abs. 2 Satz 1 Nummer 2 Satz 2 ErbStG
Thematisiert wird die Frage, inwieweit stimmrechtslose Vorzugsaktien zu dem nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG begünstigten Vermögen gehören und wie diese Aktien im Zusammenhang mit einer Poolvereinbarung im Sinne der § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 und 13b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG zu behandeln sind.
Gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG gehören Anteile an Kapitalgesellschaften zum begünstigten Vermögen, wenn der Erblasser/Schenker zum Zeitpunkt der Übertragung am Nennkapital der Gesellschaft zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt war.
Nennkapital einer Aktiengesellschaft ist deren Grundkapital (vgl. § 5 AktG, R E 13b.6 Abs. 2 Satz 1 ErbStR). Zum Grundkapital einer Aktiengesellschaft gehört auch der Nennwert der Vorzugsaktien. Diese dürfen nach dem Aktienrecht bis zur Hälfte des Grundkapitals ausgegeben werden (§ 139 Abs. 2 AktG). Für die Prüfung der Mindestbeteiligung im Sinne des § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 ErbStG kommt es nicht auf die mit den Anteilen verbundenen Stimmrechte an, sodass auch stimmrechtslose Anteile begünstigungsfähiges Vermögen sein können.
Die gängigsten Fallgestaltungen werden nachfolgend anhand von Beispielen näher erläutert:
Grundfälle (unmittelbare Beteiligung ohne Vorliegen einer Poolvereinbarung)
Sachverhalt 1:
S schenkt B unmittelbar gehaltene stimmrechtslose Vorzugsaktien der S-AG. Seine Beteiligung am Nennkapital (Stammaktien und Vorzugsaktien) beträgt
- mehr als 25 %
- weniger als 25 %.
Lösung
Bei der Beurteilung der Mindestbeteiligung im Sinne des § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 ErbStG kommt es nicht auf die mit den Anteilen verbundenen Stimmrechte an, sodass auch stimmrechtslose Anteile begünstigungsfähiges Vermögen sein können.
- Die Anteile sind begünstigungsfähiges Vermögen, weil die Beteiligung mehr als 25 % beträgt.
- Die Anteile gehören nicht zum begünstigungsfähigen Vermögen, weil die Beteiligung nicht mehr als 25 % beträgt.
Sachverhalt 2
S schenkt B gleichzeitig unmittelbar gehaltene stimmberechtigte Stammaktien an der S-AG in Höhe von 8 % sowie unmittelbar gehaltene stimmrechtslose Vorzugsaktien in Höhe von 20 %.
Lösung
Die von S unmittelbar gehaltenen Stamm- und Vorzugsaktien erfüllen die Mindestbeteiligung von mehr als 25 % nach § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 ErbStG. Die übertragenen Anteile (Stamm- und Vorzugsaktien) sind begünstigungsfähiges Vermögen.
Komplexe Fallgestaltungen (unmittelbare Beteiligung + Poolvereinbarung)
Sachverhalt 3
S schenkt B gleichzeitig unmittelbar gehaltene stimmberechtigte Stammaktien an der S-AG in Höhe von 8 % sowie unmittelbar gehaltene stimmrechtslose Vorzugsaktien in Höhe von 20 %. Die Stammaktien von 8 % sind mit stimmberechtigten Anteilen anderer Gesellschafter gepoolt; der Pool erfüllt die Mindestbeteiligung von mehr als 25 %. Die stimmrechtslosen Vorzugsaktien sind in den Pool nicht einbezogen.
Lösung
Die von S unmittelbar gehaltenen Stamm- und Vorzugsaktien erfüllen die Mindestbeteiligung von mehr als 25 % nach § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 ErbStG (siehe auch Beispiel 2). Die übertragenen Anteile (Stamm- und Vorzugsaktien) sind begünstigungsfähiges Vermögen. Dass die Stammaktien gepoolt sind, bleibt hierbei ohne Bedeutung.
Sachverhalt 4
S schenkt B gleichzeitig unmittelbar gehaltene stimmberechtigte Stammaktien an der S-AG in Höhe von 8 % sowie unmittelbar gehaltene stimmrechtslose Vorzugsaktien in Höhe von 10 %. Die Stammaktien von 8 % sind mit stimmberechtigten Anteilen anderer Gesellschafter gepoolt; der Pool erfüllt die Mindestbeteiligung von mehr als 25 %.
Lösung
Über die gepoolten stimmberechtigten Stammaktien erfüllt S die Mindestbeteiligung von mehr als 25 % nach § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 ErbStG. Die insgesamt übertragenen Anteile (Stamm- und Vorzugsaktien) sind begünstigungsfähiges Vermögen. Die stimmrechtslosen Vorzugsaktien könnten nicht in den Pool einbezogen werden (R E 13b.6 Absatz 5 Satz 1 2. Halbsatz ErbStR 2011).
Berechnung der Beteiligungsquote
Zur Berechnung der Beteiligungsquote nach § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 ErbStG ist wie auch bei § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 auf das Verhältnis der gesamten Stamm- und Vorzugsaktien zum Nennkapital der Gesellschaft abzustellen.
Die vorgenannten Ausführungen gelten bei der Prüfung der Mindestbeteiligungsquote an nachgeordneten Kapitalgesellschaften nach § 13b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 ErbStG entsprechend.
Der Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder.
Normenkette
ErbStG § 13b