Wenn aufgrund eines Erbvertrags einem Dritten eine Zuwendung zu machen ist, so kann der Dritte durch einen notariell zu beurkundenden Vertrag in entsprechender Anwendung des § 2351 BGB[1] mit dem überlebenden Erblasser gem. § 2352 Satz 2 BGB auf die Zuwendung verzichten, gem. § 2352 Satz 3 i. V. m. § 2349 BGB auch mit Wirkung für seine eigenen Abkömmlinge. Eine formlose Verzichtserklärung des Bedachten ist nicht ausreichend, um die Bindungswirkung entfallen zu lassen. Allerdings ist hier im Einzelfall zu prüfen, ob sich der Bedachte nicht den Arglisteinwand ("venire contra factum proprium") entgegenhalten lassen muss.[2]

Von Bedeutung ist der Verzicht nur, wenn der Erblasser selbst seine letztwillige Verfügung nicht mehr widerrufen kann, weil er erbvertraglich (oder durch gemeinschaftliches Testament) gebunden oder geschäftsunfähig ist. Der überlebende Erblasser kann bei Erbeinsetzungen oder Vermächtnissen, die in einem Erbvertrag bindend angeordnet wurden, das Bedürfnis haben, sich hiervon wieder zu lösen, weil er z. B. den Erben oder Vermächtnisnehmer bereits zu Lebzeiten durch eine Zuwendung abfinden will.

Der überlebende Erblasser kann in solchen Fällen einen Zuwendungsverzicht mit dem begünstigten Dritten vereinbaren. Im Regelfall erstreckt sich dieser Zuwendungsverzicht nach § 2349 BGB nunmehr auch auf die Abkömmlinge des Verzichtenden, um eine ungerechte Doppelbegünstigung des Stammes des Verzichtenden zu vermeiden, wenn der Erbe für seinen Zuwendungsverzicht vollständig abgefunden wird und danach seine Abkömmlinge an seiner Stelle erben.[3] Der praktisch wichtigste Fall dürfte in diesem Zusammenhang der Verzicht auf eine bindende Schlusserbeneinsetzung nach dem Tod des zuerst verstorbenen Ehepartners sein. Möchte z. B. der Überlebende mit Zustimmung der als Schlusserben vorgesehenen Kinder seine neue Partnerin einsetzen, so wird er durch den Zuwendungsverzicht der Kinder insofern von der erbvertraglichen Bindung befreit. Im Zusammenhang mit dem Zuwendungsverzicht sollte allerdings mit Blick auf die pflichtteilsrechtlichen Konsequenzen zusätzlich ein Pflichtteilsverzicht erwogen werden.[4] Dem bestehenden praktischen Bedürfnis den Zuwendungsverzicht auch auf die Abkömmlinge zu erstrecken, wird durch die Verweisung in § 2352 BGB auf § 2349 BGB Rechnung getragen. Danach wird vermutet, dass sich der Zuwendungsverzicht des erbvertraglich begünstigten Dritten auch auf dessen Abkömmlinge erstreckt, und zwar unabhängig davon, ob der Verzichtende für seinen Verzicht abgefunden wird.

 
Praxis-Tipp

Will der überlebende Erblasser ausschließen, dass sich der Verzicht auch auf Abkömmlinge erstreckt, muss er in dem Zuwendungsverzichtsvertrag ausdrücklich bestimmen, dass diese gesetzlich vermutete Erstreckung nicht gelten soll.[5]

[3] Vgl. dazu BT-Drs. 16/8954, S. 25. Die Erstreckungswirkung ist nicht bindend und kann aufgrund der Testierfreiheit auch konkludent abbedungen werden.
[4] Vgl. dazu Keim, ZEV 2008 S. 161 (168); Muscheler, ZEV 2008 S. 105 (109).

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