Leitsatz
Es ist grundsätzlich Sache des jeweiligen Sondereigentümers, etwaige das Sondereigentum betreffende bauordnungsrechtliche Vorgaben, wie etwa den in einer Wohnung erforderlichen Einbau einer Toilette und einer Badewanne bzw. Dusche, auf eigene Kosten zu erfüllen.
Die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Anforderungen an den Stellplatznachweis ist auch dann Aufgabe aller Wohnungseigentümer, wenn der Nachweis bei einer Aufteilung gemäß § 3 WEG nicht oder nicht vollständig geführt worden ist.
Normenkette
WEG §§ 3, 21 Abs. 5 Nr. 2
Das Problem
- Die Wohnungseigentumsanlage besteht nach dem Teilungsvertrag aus 3 abgeschlossenen Wohnungseigentumsrechten. 2 stehen Wohnungseigentümer B zu, das dritte Wohnungseigentümerin K. Das B's Wohnungseigentumsrechten zugeordnete Sondereigentum liegt im Erd- (Einheit Nr. 1) und im Dachgeschoss (Einheit Nr. 3). Das Sondereigentum im Dachgeschoss besteht aus 2 Zimmern ohne jegliche Installationen sowie einem großen Bodenraum. Bauordnungsrechtlich ist es nicht zulässig, die Zimmer zu bewohnen.
- K stellt im Jahr 2014 einen Bauantrag bei der Stadt. Diese gibt B unter anderem auf, einen Standsicherheits- und einen Brandschutznachweis zu erbringen. Zudem weist sie darauf hin, es werde vermutlich erforderlich sein, einen Dispens hinsichtlich der Feuerwiderstandsklassen von Decken und Treppen zu erwirken. Weiter sei für die "neue Wohnung" ein Pkw-Stellplatz nachzuweisen oder ein Verzicht zu beantragen.
Im Oktober 2014 beschließen die Wohnungseigentümer wie folgt:
TOP 2: Die Miteigentümergemeinschaft ermächtigt Wohnungseigentümer B, auf Kosten der Gemeinschaft Fachleute zu beauftragen, die unter Ermittlung der angemessenen Kosten klären, welche Sanierungsmaßnahmen am Haus (…) durchgeführt werden müssen, um einen bauordnungsgemäßen Zustand herbeizuführen. Soweit erforderlich, soll dieses in Abstimmung mit dem Sachbearbeiter des Bauordnungsamtes der Stadt (…) erfolgen.
TOP 6 (1): Da ein Stellplatz nicht geschaffen werden kann, wird an die Stadt Oldenburg zum spätest möglichen Zeitpunkt ein Ablöseantrag gestellt.
TOP 6 (2): Den Ablösebetrag tragen die Miteigentümer im Verhältnis ihrer Eigentumsanteile.
- Wohnungseigentümerin K, die sich nicht gegen die Maßnahmen als solche, sondern gegen ihre Beteiligung an den Kosten verwehrt, greift die zu TOP 2 und zu TOP 6 (2) gefassten Beschlüsse an. Die Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg. Das Landgericht meint, bei der "Dachgeschosseinheit" handle es sich um Teileigentum. Die Abgeschlossenheitsbescheinigung sei inhaltlich unzutreffend, das Grundbuch unrichtig. Die Erteilung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung für eine Wohnung setze voraus, dass die Räume über Küche bzw. Kochgelegenheit sowie Wasserversorgung, Ausguss und WC verfügten. Die "Einheit" im Dachgeschoss sei indes für eine Wohnnutzung ungeeignet. Entgegen der "Zweckerklärung" der teilenden Eigentümer könne daher jedenfalls kein Wohnungs-, sondern allenfalls Teileigentum entstanden sein. Mit der Revision will Wohnungseigentümer B die Abweisung der Klage erreichen.
Die Entscheidung
Die Revision hat Erfolg, soweit es um das gemeinschaftliche Eigentum geht.
Beschluss zu TOP 2: Überblick
Der zu TOP 2 gefasste Beschluss entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung, soweit er sich auf das gemeinschaftliche Eigentum beziehe; entsprechend § 139 BGB sei er nur insoweit nichtig, als er das Sondereigentum betreffe. Zwar komme eine Aufrechterhaltung regelmäßig nur dann in Betracht, wenn zweifelsfrei davon auszugehen sei, dass der Beschluss auch als Teilregelung gefasst worden wäre (Hinweis auf BGH v. 14.10.2014, V ZR 315/13, BGHZ 202 S. 346 Rn. 21). Diese Voraussetzung sei aber erfüllt, da anzunehmen sei, dass die Parteien bei Kenntnis der Teilnichtigkeit das objektiv Vernünftige gewollt hätten (Hinweis auf BGH v. 11.5.2012, V ZR 193/11, NJW 2012 S. 2648 Rn. 13); daran gemessen wäre ein auf das gemeinschaftliche Eigentum begrenzter Beschluss mit den Stimmen des Beklagten als Mehrheitseigentümer zweifelsfrei zustande gekommen.
Das gemeinschaftliche Eigentum
- Soweit im Hinblick auf das gemeinschaftliche Eigentum geklärt werden solle, welche "Sanierungsmaßnahmen" für die Herbeiführung eines bauordnungsgemäßen Zustands erforderlich seien, sei der Beschluss nicht zu beanstanden. Zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung gehöre gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums.
- Hierzu zählten sowohl die erstmalige plangerechte Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums als auch Maßnahmen zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen an das gemeinschaftliche Eigentum. Die beschlossene Maßnahme unterfalle danach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG und entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung, soweit sie das gemeinschaftliche Eigentum betreffe. Die "Einheit" Nr. 3 sei nach dem Teilungsvertrag Wohnungseigentum. Infolgedessen müsse das gemeinschaftliche Eigentum die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an eine Nutzung des Gebäudes mit 3 "Einheiten" zu Wohnzwecken erfüllen, insbe...