Leitsatz
Die Parteien lebten seit dem Jahre 1994 voneinander getrennt und stritten um den von dem Ehemann zu leistenden Kindesunterhalt und um Trennungsunterhalt für den Monat März 1999 sowie für die Zeit ab Januar 2000. Der Ehemann war als Zahnarzt freiberuflich tätig, die Ehefrau erzielte Einkünfte aus einer Teilzeittätigkeit. Die Eheleute stritten unter anderem über die Höhe des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens des Ehemannes.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Jahre 1978 geheiratet und lebten seit Oktober 1994 dauerhaft voneinander getrennt. Das Scheidungsverfahren war seit März 1999 anhängig. Aus der Ehe der Parteien waren zwei im Jahre 1980 und 1985 geborene Töchter hervorgegangen.
Die im März 1958 geborene Ehefrau war von Beruf Zahnarzthelferin und wurde als solche bis März 1999 im Betrieb des Ehemannes als Arbeitnehmerin geführt und vergütet. Danach hat sie mit Erfolg eine Kosmetikfachschule abgeschlossen und ein eigenes Kosmetikstudio eröffnet, das allerdings wirtschaftlich keinen Erfolg hatte und mit ganz erheblichen Verbindlichkeiten aufgegeben wurde. Die Ehefrau nahm dann an einer vom Arbeitsamt geförderten Maßnahme zur Ausbildung als kaufmännische DV-Anwenderin in Teilzeit am computergestützten Lernzentrum teil.
Sie hatte in dem streitbefangenen Zeitraum unterschiedlich hohe Einkünfte aus Teilzeittätigkeit erzielt. Im Übrigen war sie Alleineigentümerin eines Dreifamilienhauses, das erheblich belastet war.
Der Ehemann hatte aus seiner freiberuflichen Tätigkeit nach den von ihm vorgelegten Gewinnermittlungen und den Feststellungen des Sachverständigen unterschiedlich hohe Gewinne. Er war zwischenzeitlich Alleineigentümer eines vormals im hälftigen Miteigentum mit der Ehefrau stehenden Hausanwesens.
Die Parteien haben erstinstanzlich über die Höhe des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Erwerbseinkommens des Beklagten, die objektiven Mietwerte der im jeweiligen Alleineigentum stehenden Immobilien sowie darüber gestritten, ob der Unterhaltsanspruch der Ehefrau wegen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit ihrem neuen Partner zu versagen sei.
Das erstinstanzliche Urteil wurde von beiden Parteien angegriffen. Der Beklagte verfolgte seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag hinsichtlich des Ehegattenunterhalts weiter, die Ehefrau verfolgte ihren erstinstanzlichen Klageantrag in der Berufungsinstanz weiter.
Die Rechtsmittel beider Parteien waren teilweise begründet.
Entscheidung
Das OLG hat für die Einkommensermittlung nicht nur auf den im Zeitraum von drei Jahren erzielten Durchschnittsgewinn aus der selbständigen Tätigkeit des Ehemannes abgestellt, sondern jeweils die Gewinne für das Kalenderjahr, für das der Unterhalt beansprucht wurde, sowie für die diesem vorausgehenden zwei Kalenderjahre herangezogen, da ein möglichst zeitnaher Mehrjahresdurchschnitt zu bilden sei. Eine Einkommensermittlung im Wege der sog. Cash-Flow-Methode hat das OLG unabhängig von der Frage, ob die Methode grundsätzlich zur Einkommensermittlung eines Selbständigen geeignet sei, abgelehnt, da der Ehemann von dem sog. Zwei-Konten-Modell Gebrauch gemacht habe, was dazu führe, dass eine zuverlässige Abgrenzung zwischen originär berufsbedingten und privaten Verbindlichkeiten nicht möglich sei. Der für die Jahre 1999 bis 2003 erzielte Gewinn wurde für die Jahre 2001 bis 2003 wegen der Bildung bzw. Auflösung von Ansparabschreibungen korrigiert.
Hinweis
Wegen der jährlich schwankenden Einkünfte von Selbständigen und Gewerbetreibenden wird in der Regel das Einkommen anhand der Ergebnisse der drei dem jeweiligen Unterhaltszeitraum vorangehenden Kalenderjahre ermittelt. Der BGH hat zuletzt in seiner Entscheidung vom 2.6.2004 (BGH vom 2.6.2004 - XII ZR 217/01 = FamRZ 2004, 1177) zu Recht ausgeführt, dass diese Methode nicht als Dogma missverstanden werden dürfe. Würden die Ergebnisse der Vorjahre durch außergewöhnliche Ereignisse geprägt oder durch steuerliche Sondereinflüsse verzerrt, insbesondere im Zusammenhang mit der Bildung bzw. Auflösung von Ansparabschreibungen, die sich im maßgeblichen Drei-Jahres-Zeitraum nicht ausgleichen, ist die Heranziehung dieser Ergebnisse nicht gerechtfertigt, da sie keinen zuverlässigen Schluss auf die Höhe des laufenden Einkommens zuließen.
Bei Unterhaltsberechnungen mit Selbständigen ist stets zu prüfen, ob Anlass besteht, bei der Einkommensermittlung auf einen Fünf-Jahres-Zeitraum abzustellen.
Link zur Entscheidung
Saarländisches OLG, Urteil vom 29.03.2006, 9 UF 5/05