Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 12 WEG
Kommentar
1. Bei einer gemäß § 12 WEG vereinbarten Veräußerungsbeschränkung hat sich der Zustimmungsberechtigte bzw. -verpflichtete (also Miteigentümer oder Verwalter) bei der Prüfung der Zustimmung nur an der Person des Erwerbers, nicht auch am sonstigen Inhalt der notariellen Urkunde zu orientieren. Ein wichtiger Grund zur berechtigten Zustimmungsverweigerung liegt nach dem Zweck des § 12 WEG nur vor, wenn ersichtlich ist, dass der Erwerber rechtlich geschützte Gemeinschaftsinteressen verletzen wird, wobei die Unzumutbarkeit des Eintritts des Erwerbers in die Gemeinschaft ihre Ursache in seiner persönlichen oder wirtschaftlichen Unzuverlässigkeit haben muß (h. R. M.).
2. Die Frage, ob z. B. ein notarieller Kaufvertrag wegen Formmangels nichtig ist, kann insoweit dahingestellt bleiben. Dies folgt insbesondere daraus, dass § 12 Abs. 2 Satz 1 WEG im Hinblick auf das grundsätzlich freie Verfügungsrecht des Wohnungseigentümers eng auszulegen ist und gemessen am Zweck der Veräußerungsbeschränkung keine neuen Versagungsgründe geschaffen werden dürfen (ebenfalls h. R. M.).
3. Eine außergerichtliche Kostenerstattung ist auch in diesen Fällen einer zu Unrecht verweigerten Zustimmung grundsätzlich nicht auszusprechen, da eine solche Erstattungspflicht ein Ausnahmefall bleiben muß, der vorliegend nicht angenommen werden kann.
4. Beim Geschäfts- und Beschwerdewert folgt der Senat nunmehr der neuen Rechtsprechung, die aus Gründen eines effektiven gerichtlichen Schutzes, der verlangt, dass ein gerichtliches Verfahren zu Kosten zu gewährleisten ist, die nicht außer Verhältnis zum Verfahrensanlaß stehen, nicht mehr auf den vollen Kaufpreis des zustimmungsbedürftigen Vertrages abstellt, sondern nur auf einen Teil von etwa 10 bis 20% dieses Preises (ebenfalls neue h. R. M.).
Link zur Entscheidung
( OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 19.11.1993, 20 W 376/92)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Diese Entscheidung zu evtl. vereinbarter Veräußerungszustimmung nach § 12 WEG reiht sich nahtlos in die obergerichtliche Rechtsprechung der letzten Jahre zu diesem häufig streitbefangenen Themenkomplex ein. Insbesondere Verwalter sind nochmals darauf hinzuweisen, dass sich wichtige Gründe für eine Veräußerungs-Zustimmungsverweigerung nach dem Regelungszweck des zwingenden § 12 WEG allein aus der Person des Erwerbers ergeben müssen (zumindest Gefährdung der Interessen der Gesamtgemeinschaft durch einen evtl. persönlich oder finanziell unzuverlässigen Erwerber).
Eine dem Verwalter mit Aufforderung zur Unterschriftsleistung in notariell beglaubigter Form übermittelte vollständige Vertragsurkunde hat dieser also nicht weitergehend zu überprüfen; er darf m. E. sogar evtl. eigene rechtliche Bedenken zum weiteren Inhalt einer Kaufvertragsurkunde nicht an die Beteiligten weitergeben. Hinweis- und Belehrungspflichten zum rechtlichen Inhalt einer Urkunde hat ausschließlich der verbriefende Notar. Jeder "Übereifer" eines Verwalters als Zustimmungsverpflichteter könnte hier zu evtl. Schadenersatzansprüchen führen, ebenso wie bei zu Unrecht verweigerter Zustimmung.
Stets sollte der Verwalter im Falle solcher getroffener Zustimmungsvereinbarungen nach § 12 WEG i. ü. in der Lage sein, seinen augenblicklichen Verwalter-Status nachzuweisen (bei Bestellungs- bzw. Wiederbestellungsbeschlüssen - rechtzeitig - durch entsprechend notariell unterschriftsbeglaubigtem Versammlungs-Beschlussprotokoll!).
Dass das OLG Frankfurt allerdings bei zu Unrecht verweigerter Zustimmung im vorliegenden Fall eine Erstattungspflicht außergerichtlicher Kosten verneint hat (s. o. Ziffer 3.), entspricht nicht den Ergebnissen so manch` anderer vergleichbarer OLG-Entscheidungen und erscheint mir "ungerecht" (zumal Veräußerer i. d. R. durch zu Unrecht verweigerte Zustimmung weitere finanzielle Verzögerungsschäden erleiden).