Leitsatz
In einem Zivilprozess wegen Arzthaftung war dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt und eine monatliche Ratenzahlung von 310,00 DM auferlegt worden. Er hielt die Ratenzahlungsverpflichtung nicht ein, die Bewilligung der Prozesskostenhilfe wurde widerrufen.
Sachverhalt
In einem Zivilprozess war dem Kläger in einem Arzthaftungsprozess Prozesskostenhilfe mit der Maßgabe monatlicher Ratenzahlung in Höhe von 310,00 DM an die Justizkasse bewilligt worden. Er geriet mit der Ratenzahlung länger als 3 Monate in Rückstand und leistete auf eine Mahnung der Justizkasse nur unvollständige Raten. Daraufhin wurde die Bewilligung der Prozesskostenhilfe widerrufen, hiergegen von ihm eingelegte Beschwerde wurde vom OLG zurückgewiesen.
Im Laufe des Verfahrens wurde dem Kläger für die Einholung eines Sachverständigengutachtens die Zahlung eines Auslagenvorschusses von 12.000,00 EUR auferlegt. Daraufhin beantragte er erneut die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Klageverfahrens unter Hinweis auf seine zwischenzeitlich eingetretene Arbeitslosigkeit. Der Antrag wurde vom Landgericht mit der Begründung zurückgewiesen, nach Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. § 124 Nr. 4 ZPO komme eine erneute Bewilligung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich nicht in Betracht. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde des Klägers hatte keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen hinsichtlich der Frage, ob eine erneute Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse ausgeschlossen ist. Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers hat der BGH den angefochtenen Beschluss aufgehoben.
Entscheidung
Der BGH stimmt dem OLG insoweit zu, als § 124 Nr. 4 ZPO eine Sanktion dafür darstellte, dass der Hilfebedürftige anhaltend gegen seine Ratenzahlungspflicht verstößt. Der Zweck der Regelung des § 124 Nr. 4 ZPO würde bei erneuter Bewilligung von Prozesskostenhilfe weitgehend verfehlt. Der BGH führt in seiner Begründung aus, die Sanktion der Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe dürfe nicht weiterreichen, als ihr Anlass es gebietet. Die gesetzliche Vorschrift sanktioniert die Missachtung der richterlichen Ratenzahlung durch die bedürftige Partei. Sie schließt eine erneute Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieselbe Instanz daher nur dann aus, wenn greifbare Anhaltspunkte eine erneute derartige Missachtung als möglich erscheinen lassen. Ist dies nicht der Fall oder aufgrund der geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei sogar Prozesskostenhilfe ohne die Anordnung einer Ratenzahlung zu bewilligen, kann der Sanktionszweck nicht greifen. Die Verweigerung der Prozesskostenhilfe würde in diesem Fall ohne ausreichenden sachlichen Grund die bedürftige Partei gegenüber einer vormals nicht bedürftigen Partei unangemessen benachteiligen und ihr die Rechtsverfolgung oder -verteidigung unangemessen erschweren.
Hier ist nach Auffassung des BGH unbeachtlich, dass durch eine erneute Bewilligung von Prozesskostenhilfe, die nur ex nunc wirkt, möglicherweise auch Gebührentatbestände für die Vergangenheit abgedeckt werden.
Der BGH hat die Sache an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Hinweis
Die Entscheidung des BGH zur Prozesskostenhilfe schafft insoweit Klarheit, als ein erneuter Antrag auf Bewilligung von PKH nicht bereits deshalb zurückgewiesen werden darf, weil § 124 Nr. 4 ZPO eine Sanktion für die gesamte Instanz beinhaltet. Bei der wesentlichen Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der bedürftigen Partei ist bei einer erneuten Antragstellung möglichst zu versichern und glaubhaft zu machen, dass eine erneute Missachtung der Ratenzahlungspflicht nicht zu besorgen ist. Haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in einem Maße verschlechtert, dass sogar Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungspflicht bewilligt würde, so kommt es auf diesen Gesichtspunkt ohnehin nicht mehr an. Bei der Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse einer bedürftigen Partei ist somit der Sanktionscharakter des § 124 Nr. 4 ZPO deutlich entschärft.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 12.07.2005, VI ZB 72/03