Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 14 Nr. 1 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, Art. 5 GG
Kommentar
Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Verfahren wie folgt entschieden:
1. Die grundlegende Bedeutung des Grundrechts auf Informationsfreiheit bei Anwendung und Auslegung der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften wird verkannt, wenn der ausländische Mieter auf den Kabelanschluss verwiesen wird, der ihm nur beschränkten oder gar keinen Zugang zu seinen Heimatprogrammen verschafft. Gleiches gilt dann, wenn die Zivilgerichte bei der Abwägung den Eigentumsinteressen des Vermieters von vornherein den Vorrang vor den Informationsinteressen des Mieters einräumen, ohne anzugeben, welche Eigenschaften des Mietobjekts dieses Ergebnis rechtfertigen. Es kann offen bleiben, ob die kulturelle Identität eines Menschen Akt einer bewussten Wahl sein kann vor dem Hintergrund der in Parabolantennenstreitigkeiten vertretenen Meinung, das Interesse eines deutschen Mieters an einer Änderung seiner kulturellen Identität durch u.a. Empfang ausländischer Programme sei nicht anders zu bewerten als das Interesse ausländischer Mieter, ihre kulturelle Identität zu bewahren.
( BVerfG, Beschluss v. 15.06.1994, 1 BvR 1879/93)
2. Der vermietende Hauseigentümer kann seine Zustimmung zur Anbringung einer Parabolantenne von der Bedingung abhängig machen, dass der Mieter insofern die Vorgaben des Baurechts und des Denkmalschutzes beachtet. Stellt eine Fachgerichtsentscheidung bei der Abwägung der Vermieter- und der Mieterinteressen maßgeblich auf Gesichtspunkte des Denkmalschutzes ab, so muss die Entscheidung Feststellungen darüber enthalten, dass der vermietende Hauseigentümer dem Mieter die Beachtung der Gebote des Denkmalschutzes aufgegeben hat und dass die Parabolantenne nach dem Denkmalschutzgesetz genehmigungsbedürftig oder sogar überhaupt nicht genehmigungsfähig ist.
( BVerfG, Beschluss v. 21.06.1994, 1 BvR 641/94, NJW 36/94, IV, V)
Anm.: Vgl. hierzu LG Tübingen v. 3. 4. 1994, NJW-RR 14/94, 849.
3. Der vermietende Hauseigentümer kann seinen türkischen Mietern trotz vorhandenem Anschluss an das Breitbandkabelnetz die Installation einer Parabolantenne nicht allein mit der Begründung verwehren, er müsse sonst seinen anderen Mietern, bei denen ein derartiger Sonderbedarf nicht bestehe, erläutern, warum er nur den türkischen Mietern eine Erlaubnis erteile; das aber gefährde den Hausfrieden. Eine fachinstanzliche Gerichtsentscheidung, die allein diesem Vermieterinteresse (Hauseigentümerinteresse) den Vorrang einräumt, kann in Blickrichtung auf Art. 5 Abs. 1 S. 1 Halbsatz 2 GG keinen Bestand haben.
Link zur Entscheidung
( BVerfG, Beschluss vom 30.06.1994, 1 BvR 1478/93)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer