Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Beschriftung von Räumlichkeiten im Aufteilungsplan nicht ausschlaggebend!
"Laden-Teileigentum" nach Zweckbestimmung in der Teilungserklärung kann nicht als Kleingaststätte mit Öffnungszeit bis 22 Uhr genutzt werden
Normenkette
§ 15 WEG, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB
Kommentar
1. Bei der Bezeichnung eines Teileigentums in der Teilungserklärung und im Grundbuch als "Laden"handelt es sich um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinne der §§ 10 Abs. 1 Satz 2 und 15 Abs. 1 WEG. Zulässig ist grundsätzlich auch noch eine andere Nutzung, als sie sich aufgrund dieser Zweckbestimmung ergibt, sofern sie nicht mehr stört oder beeinträchtigt als eine der Zweckbestimmung entsprechende Nutzung (h.M.).
Wird ein Teileigentum nach diesen Grundsätzen vom betreffenden Teileigentümer zweckbestimmungswidrig genutzt, kann ein anderer Eigentümer Unterlassung dieser Nutzung gem. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, 15 Abs. 3 WEG verlangen (ebenfalls h.M.).
2. Eine solche Zweckbestimmung wird grundsätzlich auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass im Aufteilungsplan die einzelnen Räume des Teileigentums mit "Geschäftsraum, Büro, Vorraum, Treppe, WC"beschriftet sind. Diese Bezeichnungen besitzen nicht die Bedeutung einer Zweckbestimmung. Ein Aufteilungsplan soll primär die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich machen (vgl. § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG). Dabei verdrängt der Aufteilungsplan nicht den Inhalt der Teilungserklärung. Stimmen die wörtliche Beschreibung des Gegenstands von Sondereigentum im Text der Teilungserklärung und die Angaben im Aufteilungsplan nicht überein, ist deshalb grundsätzlich keiner der sich widersprechenden Erklärungsinhalte vorrangig. Ein Widerspruch zwischen Aufteilungsplan und Teilungserklärung bewirkt insoweit, dass an hiervon betroffenen Räumen Sondereigentum nicht wirksam entstehen kann (vgl. BGHZ 130, 159/166 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall ging es jedoch nicht um die Abgrenzung von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum, sondern um die Zweckbestimmung (also Nutzungsberechtigungen) des rechtswirksam begründeten Teileigentums. Insoweit kommt der Beschriftung einzelner Räume im Aufteilungsplan gegenüber einer eindeutigen Zweckbestimmung in der Teilungserklärung und im Grundbuch als Laden keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Andernfalls müsste auch die Bezeichnung einzelner Räume einer Wohnung im Aufteilungsplan (z.B. als "Wohnzimmer" oder "Schlafzimmer") den Charakter einer Zweckbestimmung haben. Dass dies nicht der Fall ist, liegt auf der Hand. Bei solchen Eintragungen im Aufteilungsplan handelt es sich deshalb regelmäßig nur um Nutzungsvorschläge. Diesen Angaben kommt keine die Zweckbestimmung gemäß den Angaben in der Teilungserklärung und im Grundbuch überlagernde oder hier erweiternde Bedeutung zu. Es bleibt vielmehr dabei, dass maßgebend für die Zweckbestimmung und die zulässige Nutzung der Räume die in das Grundbuch übernommenen Angaben der Teilungserklärung sind (vgl. auch BayObLG, NZM 99, 80).
3. Der Charakter eines Geschäftsbetriebs in einem Laden ist auch ganz wesentlich mit der Vorstellung verbunden, dass ein Laden an beschränkte Betriebszeiten gebunden ist (h.M.). Die hier im Teileigentum betriebene Kleingaststätte ist bis 22 Uhr geöffnet. Nach der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise stört der Betrieb einer solchen Kleingaststätte außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten wegen der mit ihm verbundenen Lärm- und Geruchsentwicklung mehr als ein Laden und hält sich deshalb nicht im Rahmen dieser Zweckbestimmung.
4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert dieser Instanz von DM 30.000,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 30.11.1999, 2Z BR 143/99)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer