6.2.1 Überblick
Rz. 554
Durch den Bauträgervertrag wird der Bauträger gem. § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet, dem Erwerber das Grundstück zu übergeben und das Eigentum daran zu verschaffen. Der Bauträger hat dem Erwerber das Grundstück außerdem frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. Ein Wohnungs- oder Teileigentum ist in Bezug auf das Grundstück gem. § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB frei von Sachmängeln, wenn es bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat oder – soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, oder wenn es sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Grundstücken der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art des Grundstücks erwarten kann.
Ein Wohnungs- oder Teileigentum ist in Bezug auf das Grundstück nach § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Eigentumswohnung keine oder nur die im Bauträgervertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können.
6.2.2 Sachmängel
Rz. 555
Zu den Sachmängeln eines Wohnungs- oder Teileigentums in Bezug auf das Grundstück gehören vor allem Baugrundprobleme, Altlasten sowie fehlerhafte Zusicherungen. Ein Sachmangel kann ferner darin liegen, dass eine im Gewerbegebiet gelegene Wohnung nur von einem bestimmten Personenkreis genutzt werden kann. Außerdem kann eine Nutzungsbeschränkung nach § 15 Abs. 1 WEG oder nach einer Zweckbestimmung im weiteren Sinne einen Sachmangel darstellen. Dieses ist auch dann der Fall, wenn sie auf das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht zurückgeht. Eine fehlende Zweckentfremdungsgenehmigung stellt keinen Sachmangel dar. Sie ist nicht objektbezogen, da die Belastung sämtliche Eigentümer der in der Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum genannten Gebiete betrifft.
Fehlende Zweckentfremdungsgenehmigung kein Rechtsmangel
Das Fehlen der Zweckentfremdungsgenehmigung begründet auch keinen Rechtsmangel. Bei dem auf dem Kaufobjekt lastenden Zweckentfremdungsverbot handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkung. Öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungen sind nur dann als Rechtsmangel anzusehen, wenn es sich um eine speziell die verkaufte Sache betreffende "Individualbelastung" handelt, die wegen besonderer Umstände, etwa der Vorgeschichte des Kaufobjekts, die mit dem Eigentum normalerweise verbundenen Benutzungsbefugnisse einschränkt. Ein Käufer kann nicht erwarten, dass ihm ein Verkäufer Eigentum verschafft, das entgegen der Rechtsordnung schrankenlose Nutzbarkeit gewährt. Er hat nur Anspruch auf Verschaffung des Eigentums innerhalb des Rahmens der Rechtsordnung. Ein Verkäufer haftet daher nur dann für eine bestimmte Art der Nutzbarkeit, wenn diese im Vertrag als besondere Zusicherung festgelegt ist.
6.2.3 Rechtsmängel
Rz. 556
Ein Rechtsmangel eines Wohnungs- oder Teileigentums ist etwa gegeben, wenn ein in der Teilungserklärung als Speicher ausgewiesener Raum als Wohnraum verkauft wird. Ferner, wenn der Bauträger erklärt, zur Eigentumswohnung gehöre ein Hobbyraum und dieser Raum zwar tatsächlich benutzbar ist, daran aber weder Sondereigentum noch ein Sondernutzungsrecht besteht. Ein Rechtsmangel kann auch darin liegen, dass der Veräußerer Teileigentum als Wohnungseigentum verkauft und andere Wohnungseigentümer die Nutzung der erworbenen Räume zu Wohnzwecken unter Berufung auf die Teilungserklärung zulässigerweise untersagen. Auch wenn ein vertraglich vereinbartes Alleinbenutzungsrecht an Kfz-Stellplätzen unterblieben ist, stellt dieses einen Rechtsmangel dar.
Ein Rechtsmangel kann sich auch kraft öffentlichen Rechts ergeben. Etwa die Sozialbindung einer Eigentumswohnung nach dem Wohnungsbindungsgesetz ist als Rechtsmangel einzustufen. Gemäß § 566 BGB gehen Miet- und Pachtverhältnisse mit Eintragung als Eigentümer auf den Käufer über. Der Bauträger ist daher auch verpflichtet, die Eigentumsverschaffung frei von Mietrechten herbeizuführen (§ 435 BGB), es sei denn, im Bauträgervertrag übernimmt der Erwerber die bestehenden Miet- und Pachtverhältnisse.
"Steckengebliebener" Vertrag kein Rechtsmangel
Bleibt der Vollzug eines Bauträgervertrags "stecken", so führt das nicht zu einem Rechtsmangel, sondern dazu, dass der Bauträger seine Pflicht zur Übereignung der verkauften Sache nach § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht erfüllt hat. Die fehlende Verschaffung des Eigentums stellt daher grundsätzlich keinen Rechtsmangel nach § 435 BGB dar.
Rz. 557
Der Bauträger hat einen Rechtsmangel des Grundstücks nicht zu vertreten, wenn ihn der Erwerber bei Abschluss des Vertrags kennt. Im Grundbuch eingetragene Grundpfandrechte hat der Veräußerer allerdings auch dann zu beseitigen, wenn der Erwerber um deren Bestehen weiß.
Rz. 558
Haft...