Leitsatz
Das OLG hatte sich in dieser Entscheidung mit dem Umfang der Erwerbsbemühungen eines Unterhaltsschuldner auseinanderzusetzen, der ggü. zwei minderjährigen Kindern unterhaltspflichtig war. Der Unterhaltsschuldner war gelernter Tischler, arbeitete jedoch als Hausmeister in einem Alten- und Pflegeheim und in anderen verschiedenen Hilfsarbeiterstellen. Es ging in diesem Verfahren primär um die Frage, ob und in welcher Höhe ein fiktives Einkommen des Unterhaltsschuldners in die Unterhaltsberechnung einzustellen ist.
Sachverhalt
Zwei minderjährige Kinder nahmen ihren Vater auf Zahlung höheren Kindesunterhalts in Anspruch. Die Kinder lebten im Haushalt ihrer Mutter, die Ehe der Eltern war rechtskräftig geschieden.
Der Beklagte hatte sich in einem gerichtlich protokollierten Vergleich vom 5.7.2007 zur Zahlung von Kindesunterhalt i.H.v. monatlich 125,00 EUR an jeden der beiden Kläger verpflichtet.
Er hatte sich zum 1.12.2005 - noch in der Ehezeit - mit einem Hausmeisterservice selbständig gemacht. Er war gelernter Tischler, arbeitete jedoch seit Ende seiner Ausbildung im Ladenbau, als Hausmeister in einem Alten- und Pflegeheim und in anderen verschiedenen Hilfsarbeiterstellen. Vor Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit hatte er als Angestellter 1.400,00 EUR netto monatlich verdient.
Mit seinem Hausmeisterservice hatte der Beklagte in den Jahren 2006 bis 2009 unterschiedlich hohe Gewinne erzielt, zuletzt im Jahre 2009 i.H.v. rund 14.000,00 EUR. Von diesen Gewinnen hatte er die Krankenversicherung zu zahlen.
Mit Schreiben vom 10.2.2009 war der Beklagte von den Klägern zur Zahlung des Mindestunterhalts nach der Düsseldorfer Tabelle aufgefordert worden. Nachdem er dieser Aufforderung nicht nachkam, haben die Kläger ihren Anspruch gerichtlich geltend gemacht.
Das erstinstanzliche Gericht hat den Beklagten in Abänderung des am 5.7.2007 geschlossenen Vergleichs zur Zahlung von Beträgen verpflichtet, die einer Quote von 72,51 des Mindestunterhalts entsprachen.
Hiergegen wandte sich der Beklagte mit seiner Berufung.
Sein Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Auch das OLG kam zu dem Ergebnis, der Beklagte sei im Hinblick auf seine gesteigerte Erwerbsverpflichtung ggü. den Klägern verpflichtet, Unterhalt in Höhe der von dem erstinstanzlichen Gericht ausgeurteilten Beträge zu leisten.
Mit dem FamG sei davon auszugehen, dass er bei entsprechendem Bemühen ein monatliches Einkommen i.H.v. 1.287,94 EUR erzielen könne, das ihm die Zahlung eines Kindesunterhalts in titulierter Höhe ermögliche. Die Zurechnung fiktiver Einkünfte setze neben dem Fehlen subjektiver Erwerbsbemühungen des Unterhaltsschuldners voraus, dass die zur Erfüllung der Unterhaltspflicht erforderlichen Einkünfte für den Verpflichteten objektiv überhaupt erzielbar seien (vgl. BVerfG FamRZ 2010, 183 ff.). Der Beklagte sei für seine Erwerbsbemühungen darlegungs- und beweispflichtig. Da er festgestellt habe, dass er aus selbständiger Tätigkeit nicht den Mindestunterhalt für die Kinder erwirtschaften könne, sei er gehalten gewesen, sich nachhaltig um eine besser bezahlte Tätigkeit zu bemühen oder aber - vor dem Hintergrund offenbar steigender Gewinne - unter Beibehalt seiner seinerzeit ausgeübten selbständigen Tätigkeit die "Unterdeckung" aus dieser Tätigkeit durch eine Nebentätigkeit auf Mini-Job-Basis auszugleichen. Derartige Bemühungen seien von ihm nicht dargelegt worden.
Auch das OLG kam zu der Überzeugung, dass er jedenfalls in dem Rahmen, in dem ihn das FamG fingiert habe, Einkünfte objektiv erzielen können. Er selbst gehe davon aus, ca. 1.214,00 EUR netto verdienen zu können. Er sei gesund, habe eine abgeschlossene handwerkliche Ausbildung und kontinuierlich im Berufsleben gestanden. Unter diesen Voraussetzungen sei es überwiegend wahrscheinlich, dass er bei entsprechenden Bemühungen in einem Radius von jedenfalls 100 km von seinem jetzigen Wohnort einen Arbeitsplatz gefunden hätte, der ihm die Erzielung der fingierten Nettoeinkommens ermöglicht hätte.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 12.05.2010, 10 UF 243/09