I. Kapitalaufbringung
Rz. 36
Die Kapitalaufbringung zum Schutz der Gläubiger ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Gründung einer OÜ. Das Stammkapital ist von den Gesellschaftern aufzubringen. Die Pflicht zur Deckung des Stammkapitals wird von den Gründern in Form der Stammeinlage bei der Gründung übernommen. Bei einem gesetzlichen Mindeststammkapital von 2.500 EUR muss der Betrag eines Teilgeschäftsanteils mindestens 1 Cent betragen. Vor der Eintragung der Gesellschaft prüft das Handelsregister, ob die satzungsgemäß vereinbarte Stammeinlage tatsächlich vollständig geleistet ist. Für Geldeinlagen eröffnen die Gründer im Namen der zu gründenden Gesellschaft ein Konto, auf welches die Einlagen einzuzahlen sind. Dafür muss eine Bankbestätigung über die Einzahlung des Stammkapitals vorgelegt werden.
Seit dem 1.1.2011 kann eine OÜ mit einem Stammkapital von max. 25.000 EUR, die von einer oder mehreren natürlichen Person(en) gegründet wird, auch ohne Kapitaleinlage gegründet werden. Bis zur vollen Einzahlung des Stammkapitals haften die Gesellschafter vor der Gesellschaft in Höhe ihrer versprochenen Einlagen. Solange kann das Stammkapital nicht erhöht oder herabgesetzt werden und den Gesellschaftern können keine Dividenden ausgezahlt werden.
Rz. 37
Statt einer Geldeinlage können die Gesellschafter auch eine Sacheinlage vereinbaren, wenn dies laut Satzung erlaubt ist. Die Voraussetzungen für die Erbringung der Sacheinlagen sind ähnlich streng wie in Deutschland. So müssen die Sachen konkret in dem Gründungsvertrag bezeichnet, in Geld bewertbar und der Gesellschaft übertragbar oder das Vermögensrecht vollstreckungsfähig sein. Die Gesellschaftsgründer müssen in dem Gründungsvertrag den Wert der Sache angeben. Beträgt das Stammkapital mindestens 25.000 EUR und übersteigt dabei der Wert der Sacheinlage 10 % des Stammkapitals, muss ihr Wert von einem Buchprüfer überprüft werden. Die Sacheinlage gilt als geleistet, wenn sie auf die Gesellschaft übertragen wurde.
Als Sacheinlage gilt und genauso bewertet werden muss auch von Gesellschaftern innerhalb eines Jahres nach der Gründung erworbenes Vermögen, dessen Wert 10 % des Stammkapitals überschreitet.
Rz. 38
Damit das Stammkapital bei der Eintragung der Gesellschaft wirklich gedeckt ist und die strengen Regeln nicht umgangen werden, darf die Sacheinlage nicht auf eine Geldeinlage geleistet werden. Das Gleiche gilt für die Aufrechnungen der Einlageverpflichtungen mit Ansprüchen gegen die Gesellschaft auf Gehalt, Honorar etc.
II. Gründerhaftung
Rz. 39
Nimmt die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb schon vor Eintragung in das Handelsregister auf, haften die Handelnden für die entstandenen Verbindlichkeiten persönlich und gesamtschuldnerisch. Die Gesellschaft muss vor Eintragung in das Handelsregister den Zusatz "asutamisel"“ ("in Gründung") führen. Auf die Vor-OÜ finden die Grundsätze über die OÜ Anwendung, soweit diese nicht die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft voraussetzen. Dies liegt insbesondere deshalb nahe, da die Organe der Gesellschaft schon vor der Eintragung festgelegt sind, die Vor-OÜ daher über keine eigenen Organe verfügt.
Rz. 40
Die Gesellschafter bzw. Geschäftsführer haften für die in der Zeit vor der Eintragung in das Handelsregister entstandenen Schäden persönlich und gesamtschuldnerisch bis zur Höhe der noch nicht erbrachten Stammeinlagen sowie nach den Grundsätzen der Handelndenhaftung. Handelnder ist nicht nur derjenige, der die Verträge für die Gesellschaft abgeschlossen, sondern auch derjenige, der der Aufnahme einer bestimmten Verbindlichkeit zugestimmt hat. Der Mitgesellschafter, der sich gegen die Aufnahme der Geschäftstätigkeit ausgesprochen hat, wird nicht als Handelnder angesehen. Handelnder ist neben den Organen der Vorgesellschaft jede Person, die die Mitverantwortung für das jeweilige Rechtsgeschäft dadurch übernommen hat, dass sie wie ein Geschäftsführer im Namen der OÜ vor deren Eintragung im Rechtsverkehr aufgetreten ist. Lediglich das Einverständnis eines Gesellschafters mit dem Tätigwerden eines anderen reicht jedoch nicht aus.
Rz. 41
Zwar gehen alle Rechte und Pflichten der Vorgesellschaft auf die neu gegründete OÜ über. Es kann jedoch passieren, dass durch die schon vor der Eintragung aufgenommenen Geschäfte eine Minderung des Stammkapitals eingetreten ist. Wenn das der Fall ist, haften die Gründer persönlich und gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten, und zwar in dem Umfang, in dem sich das Gesellschaftsvermögen der OÜ vor der Eintragung der Gesellschaft vermindert hat (sog. Differenzhaftung). Die Haftung verjährt 5 Jahre nach der Eintragung der Gesellschaft im Register.
III. Kapitalerhaltung
Rz. 42
Kapital als Haftungsfonds muss nicht nur zum Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft bestehen, sondern auch später erhalten bleiben. Diese Haftungsmasse soll für die Gläubiger zur Verfügung stehen und nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden. Die Vorschriften der §§ 157, 158 HGB verbieten solche Auszahlungen gerade. Zwar dürfen die Gesellschafter sowohl am erzielten Reingewinn aufgrund der...