1. Aufgaben der Gesellschafterversammlung
Rz. 85
Die Gesellschafterversammlung ist das oberste Organ der OÜ. Die Zuständigkeit umfasst nach § 168 Abs. 1 HGB:
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die Änderung der Satzung; |
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die Erhöhung oder Herabsetzung des Stammkapitals; |
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die Wahl und die Abberufung der Mitglieder des Aufsichtsrats; |
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die Bestellung und die Abberufung der Geschäftsführer und Prokuristen, soweit ein Aufsichtsrat nicht besteht; |
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die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verteilung des Gewinns; |
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die Teilung eines Gesellschaftsanteils; |
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die Bestellung eines Abschlussprüfers (Wirtschaftsprüfers); |
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die Anordnung einer Sonderprüfung; |
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den Beschluss über die Geltendmachung eines Anspruchs gegen einen Geschäftsführer bzw. ein Aufsichtsratsmitglied oder einen Gesellschafter, den Abschluss von Rechtsgeschäften mit einem Geschäftsführer bzw. Aufsichtsratsmitglied; |
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den Beschluss über Auflösung, Verschmelzung, Spaltung oder Umwandlung der Gesellschaft sowie |
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sonstige vom Gesetz geforderte Entscheidungen. |
Rz. 86
Die Gesellschafter können auch Beschlüsse fassen, die in die Zuständigkeit des Geschäftsführers oder Aufsichtsrats fallen. In diesem Fall haften die Gesellschafter aber auch wie Geschäftsführer bzw. Aufsichtsratsmitglieder.
2. Einberufung der Gesellschafterversammlung
Rz. 87
Die Gesellschafterversammlung wird unter den in der Satzung festgelegten Voraussetzungen vom Geschäftsführer einberufen. Fehlt es an einer gesellschaftsvertraglichen Regelung, gilt § 171 Abs. 2 HGB. Die Einberufungsgründe sind in § 171 Abs. 2 HGB aufgelistet. Einer Einberufung bedarf es demnach insbesondere dann, wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint, wenn das Nettovermögen der OÜ weniger als die Hälfte des Stammkapitals ausmacht, das Mindeststammkapital nicht mehr vorhanden ist oder die Gesellschafterversammlung vom Aufsichtsrat, Rechnungsprüfer oder von den Gesellschaftern, deren Anteil mindestens ein Zehntel des Stammkapitals entspricht, verlangt wird.
3. Formalien
Rz. 88
Die Gesellschafterversammlung wird protokolliert und das Protokoll enthält:
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den Namen und Sitz der Gesellschaft; |
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Zeit und Ort der Hauptversammlung; |
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die Namen des Vorsitzenden der Versammlung und des Protokollführers; |
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die Tagesordnung der Versammlung; |
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die in der Versammlung gefassten Beschlüsse zusammen mit den Abstimmungsergebnissen; |
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auf Antrag eines Gesellschafters, der zu einem Gesellschafterbeschluss eine abweichende Meinung vertreten hat, den Inhalt dieser abweichenden Meinung sowie |
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Umstände von besonderer Bedeutung während der Hauptversammlung. |
Rz. 89
Dem Protokoll der Gesellschafterversammlung werden die in der Versammlung eingereichten schriftlichen Vorschläge und Anträge und das Verzeichnis der anwesenden Gesellschafter beigefügt. Der Vorsitzende der Versammlung und der Protokollführer unterzeichnen das Protokoll. Im Fall einer abweichenden Meinung ist diese von dem Gesellschafter, der sich abweichend geäußert hat, zu unterzeichnen.
Rz. 90
In der Gesellschafterversammlung wird ein Verzeichnis der anwesenden Gesellschafter erstellt, in das ihre Namen, die ihrem Geschäftsanteil entsprechende Stimmenzahl und die Namen der Vertreter der Gesellschafter eingetragen werden. Das Verzeichnis wird vom Leiter der Versammlung, dem Protokollführer und den teilnehmenden Gesellschaftern bzw. deren Vertreter unterzeichnet. Das Protokoll muss den Gesellschaftern sieben Tage nach Ende der Gesellschafterversammlung zugänglich gemacht werden. Die Gesellschafter haben das Recht, eine Kopie von dem Protokoll zu erhalten.
4. Beschlussfassung und Mehrheit
Rz. 91
In der Gesellschafterversammlung wird durch Gesellschafterbeschluss entschieden. Ein Gesellschafterbeschluss ist gefasst, wenn mindestens die Hälfte der in der Versammlung vertretenen Stimmen für den Beschluss gestimmt haben (§ 174 HGB). Eine abweichende Regelung kann in der Satzung festgelegt werden. Ein Beschluss über die Änderung der Satzung, einschließlich der Erhöhung oder Verringerung des Gesellschaftskapitals, den Ausschluss von Mitgliedern aus dem Aufsichtsrat vor Ablauf ihrer Amtszeit oder Beschlüsse über die Auflösung der Gesellschaft bedürfen einer ⅔-Mehrheit der an der Versammlung teilnehmenden Gesellschafter. Die Gesellschafterversammlung ist vorbehaltlich anderer Regelungen im Gesellschaftsvertrag beschlussfähig, wenn mehr als 50 % des stimmberechtigten Kapitals durch die Gesellschafter oder deren Bevollmächtigte vertreten sind. Anderenfalls ist eine neue Versammlung mit der gleichen Tagesordnung einzuberufen, die auch ohne das genannte Quorum beschlussfähig ist.
5. Stimmrecht
Rz. 92
Die Zahl der Stimmen eines Gesellschafters richtet sich nach der Größe seines Anteils am Stammkapital. Vorbehaltlich einer abweichenden vertraglichen Regelung gewährt je 1 Cent eine Stimme.
6. Vertretung
Rz. 93
Ein Gesellschafter kann durch einen gesetzlichen Vertreter oder einen bevollmächtigten Vertreter vertreten werden. Im letzteren Fall muss die Bevollmächtigung (Vollmachturkunde) dem Gesellschafterbeschluss beigefügt werden.
7. Form
Rz. 94
Alle Versammlungen müssen zusammen mit einer Liste der teilnehmenden Gesellschafter in Protokollen der Gesellschafterversammlung aufg...