Aet Bergmann, Anne Saaber
1. Testamentsvollstreckung
Rz. 33
Die Testamentsvollstreckung erfolgt durch einen oder mehrere Erben oder, wenn sich aus dem Testament oder den gegebenen Umständen ergibt, dass dafür ein Testamentsvollstrecker nötig ist (wenn z.B. Gegenstände der Erbschaft verkauft oder verteilt oder die Erbschaft verwaltet und später ausbezahlt werden soll), durch einen oder mehrere vom Erblasser ernannte oder vom Notar bestellte Testamentsvollstrecker. Der Notar bestellt einen Testamentsvollstrecker nur dann, wenn alle im Testament genannten Testamentsvollstrecker bereits verstorben sind oder die Aufgabe nicht annehmen wollen.
Niemand kann gegen seinen Willen zum Testamentsvollstrecker ernannt werden; hat der Erblasser jedoch testamentarisch einen Erben oder einen Vermächtnisempfänger zum Testamentsvollstrecker ernannt und hat jener das Erbe angenommen, kann er die Testamentsvollstreckung nicht ausschlagen, wenn im Testament nichts anderes bestimmt ist. Ernennt der Notar einen Rechtsanwalt zum Testamentsvollstrecker, kann dieser die Testamentsvollstreckung nicht ohne einen wesentlichen Grund ausschlagen.
Rz. 34
Der Testamentsvollstrecker erfüllt alle Aufgaben, die sich aus dem Gesetz für die Erfüllung des letzten Willens des Erblassers ergeben, wenn das Testament nichts anderes vorschreibt. Bis zur Annahme der Erbschaft durch die Erben erfüllt er auch die Aufgaben der Nachlassverwaltung, alternativ kann er Maßnahmen zur Nachlassverwaltung beantragen.
Rz. 35
Der Testamentsvollstrecker nimmt den Nachlass in Empfang und erfüllt die sich aus dem Testament ergebenden Aufgaben: übergibt Vermächtnisse, erfüllt Verpflichtungen und verwaltet die Erbschaft mit ordentlicher Sorgfalt bis zur Verteilung der gesamten Erbschaft. Für die Erfüllung seiner Aufgaben steht ihm eine angemessene Vergütung zu, wenn sich aus dem Testament nichts anderes ergibt; der Wert des ihm zustehenden etwaigen Vermächtnisses oder Erbes muss dabei berücksichtigt werden. Direkte Kosten des Testamentsvollstreckers werden ihm aus dem Nachlass ersetzt. Wenn der Testamentsvollstrecker und die Erben sich über die Höhe der angemessenen Vergütung nicht einig werden, wird diese gerichtlich festgelegt.
Der Testamentsvollstrecker legt über seine Tätigkeiten den Erben gegenüber einen Bericht vor.
2. Nachlassverwaltung
Rz. 36
Das Gericht beschließt im Erbfall eine Nachlassverwaltung, wenn:
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keine Erben bekannt sind, |
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der Erbe sich nicht am Ort der Erbschaft befindet, |
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nicht bekannt ist, ob die Erbschaft angenommen ist, |
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der Erbe geschäftsunfähig ist, aber kein gesetzlicher Vertreter bestimmt ist oder |
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andere gesetzliche Gründe vorliegen. |
Das Gericht bestimmt auf eigene Initiative oder auf Antrag eines Interessenten (z.B. eines möglichen Erben) einen Nachlassverwalter, der den Nachlass bis zur Annahme der Erbschaft verwaltet.
Rz. 37
Der Nachlassverwalter ist verpflichtet:
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den Nachlass mit ordentlicher Sorgfalt zu verwalten und zu erhalten; |
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unterhaltsberechtigten Personen aus dem Nachlass Unterhalt zu gewähren; |
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Verpflichtungen, die sich aus dem Nachlass ergeben, auf Kosten des Nachlasses zu erfüllen; |
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über die Verwaltung gegenüber dem Gericht und den Erben Rechenschaft abzulegen; |
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bei Bedarf, insbesondere wenn dies für den Erhalt des Nachlasses erforderlich ist, den Nachlass aus dem Besitz von Erben oder Dritten zu übernehmen oder auf andere Weise die Trennung der Erbschaft vom Eigentum des Erben zu besorgen; |
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bei Bedarf den Antrag auf Eröffnung des Nachlassverfahrens beim Notar zu stellen oder, wenn estnische Notare dafür nicht zuständig sind, andere Maßnahmen zu ergreifen, um die Erben zu ermitteln. |
Rz. 38
Der Nachlassverwalter darf den Nachlass nur für seine Aufgaben und für die Deckung der Kosten der Nachlassverwaltung benutzen. Ohne gerichtliche Genehmigung darf der Nachlassverwalter aus der Erbschaft keine Immobilien veräußern. Dem Nachlassverwalter steht eine Vergütung auf Kosten des Nachlasses zu, dessen Höhe gerichtlich bestimmt wird.
Wenn innerhalb von sechs Monaten nach Beginn der Nachlassverwaltung kein Erbe festgestellt worden ist, kann der Nachlassverwalter nach der Durchführung einer Inventur den gesamten Nachlass (inkl. Immobilien) verkaufen und den Kauferlös hinterlegen.
Wenn die Voraussetzungen für eine Nachlassverwaltung nicht mehr gegeben sind oder wenn der Nachlass die Kosten der Verwaltung nicht deckt und derjenige, der die Nachlassverwaltung beantragt hat oder in dessen Interesse sie erfolgt ist, keine Sicherheit für die Deckung der Kosten leistet, veranlasst das Gericht die Beendigung der Nachlassverwaltung.