Rz. 96
Gesellschaftsrechtlich zulässige Möglichkeiten der Umwandlung einer bestehenden Gesellschaft sind die Verschmelzung, die Spaltung sowie der Rechtsformwechsel. Die gesetzlichen Regelungen entsprechen inhaltlich weitgehend denen des deutschen Umwandlungsgesetzes und sind in das estnische HGB integriert.
1. Möglichkeit des Rechtsformwechsels einer Gesellschaft
Rz. 97
Dieses Umwandlungsverfahren ist in den §§ 478–504 HGB geregelt. Dabei wird eine Handelsgesellschaft in eine andere Rechtsform umgewandelt. Der Rechtsformwechsel bietet sich als relativ einfache und kostengünstige Variante insbesondere dann an, wenn es darum geht, die Vorteile einer anderen Rechtsform unter Beibehaltung der Firma zu nutzen. Da lediglich eine Gesellschaft beteiligt ist, bedarf es keines Umwandlungsvertrags. § 480 HGB sieht jedoch die Fassung eines schriftlichen Umwandlungsbeschlusses mit folgendem Inhalt vor:
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Rechtsform, die durch die Umwandlung der Gesellschaft erlangt werden soll; |
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Name der Gesellschaft; |
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Umtauschverhältnis der Gesellschaftsanteile; |
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Rechte, die sich für die Gesellschafter aus der neuen Rechtsform ergeben; |
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Folgen für die Arbeitnehmer der Gesellschaft sowie |
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Höhe des Stamm- bzw. Grundkapitals, soweit die Gesellschaft in eine OÜ oder eine Aktiengesellschaft umgewandelt wird. |
Rz. 98
Die Namen und Unterschriften derer, die dem Umwandlungsbeschluss nicht zugestimmt haben, sind dem Beschluss beizufügen. Mit dem Umwandlungsbeschluss wird zugleich die Satzung der neuen Gesellschaft verabschiedet. Gemäß § 479 HGB ist durch die Geschäftsführer der Gesellschaft ein Umwandlungsbericht zu erstellen. In Übereinstimmung zu den Gläubigerschutzbestimmungen bei der Verschmelzung und der Spaltung besteht auch bei einem Rechtsformwechsel die Pflicht, die Gläubiger von dieser Umwandlung zu benachrichtigen sowie diese zweimal innerhalb von mindestens 15 Tagen im elektronischen amtlichen Mitteilungsblatt Ametlikud teadaanded bekanntzumachen. Die Gesellschaftsumwandlung kann frühestens einen Monat nach der letzten öffentlichen Bekanntmachung durch die Geschäftsführer bzw. die vertretungsbefugten Gesellschafter zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden. Der Anmeldung sind gem. § 485 Abs. 1 HGB beizufügen:
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Umwandlungsbeschluss (ggf. unter Beifügung des Versammlungsprotokolls) sowie die Namen der Gesellschafter, die mit der Umwandlung nicht einverstanden waren; |
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neue Satzung; |
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Umwandlungsgenehmigung, soweit erforderlich; |
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Umwandlungsbericht bzw. der Verzicht darauf; |
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die der Umwandlung zugrunde liegende Bilanz; |
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persönliche Angaben sowie Zeichnungsmuster der Geschäftsführer bzw. der vertretungsberechtigten Gesellschafter sowie |
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persönlichen Daten der Aufsichtsratsmitglieder, soweit ein Aufsichtsrat gebildet wird. |
2. Möglichkeit der Verschmelzung einer Gesellschaft
Rz. 99
Die Verschmelzung von Gesellschaften ist in den §§ 391–433 HGB geregelt. Grundsätzlich bringt es die Verschmelzung mit sich, dass eine (übertragende) Gesellschaft ihr gesamtes Vermögen auf eine (übernehmende) andere Gesellschaft überträgt. An einem solchen Vorgang können auch ausländische Gesellschaften beteiligt sein. Ihre Gesellschaftsformen können auch unterschiedlich sein. Eine Möglichkeit ist die Verschmelzung als reine Vermögensübernahme. In diesem Fall gilt die übertragende Gesellschaft als erloschen. Im Fall der Verschmelzung mit Folge einer Unternehmensneugründung gelten die beiden verschmelzenden Gesellschaften unter gleichzeitiger Gründung einer neuen Gesellschaft als erloschen.
Im Unterschied zum herkömmlichen Auflösungs- und Gründungsverfahren liegen die Vorteile eines derartigen Vorgehens u.a. im automatischen Erlöschen der verschmelzenden Gesellschaften ohne Durchführung eines Liquidationsverfahrens sowie im deutlich einfacher gestalteten Registerverfahren. Zudem besteht die Möglichkeit, die Organe im Falle einer reinen Verschmelzung weiterarbeiten zu lassen und die ursprüngliche Firma weiterzuführen. Die Übertragung von Vermögen bedarf keines eigenen Vertrags; Änderungen in einschlägigen Registern müssen von der Geschäftsführung veranlasst werden.
3. Möglichkeit der Spaltung einer Gesellschaft
Rz. 100
Die Spaltung einer Gesellschaft in mehrere Gesellschaften sind in den §§ 434–477 HGB geregelt. Eine Spaltung erfolgt durch eine Aufspaltung der ursprünglichen Gesellschaft in andere Gesellschaften, wobei die ursprüngliche Gesellschaft ohne Liquidierungsverfahren als erloschen gilt, oder durch eine Abspaltung eines Teiles der ursprünglichen Gesellschaft an eine bestehende oder eine neue Gesellschaft, wobei auch die ursprüngliche Gesellschaft bestehen bleibt.
Für eine Spaltung bedarf es eines notariell beurkundeten Spaltungsvertrages zwischen den beteiligten Gesellschaften. Der Spaltungsvertrag tritt nach dem schriftlichen Spaltungsbeschluss aller beteiligten Gesellschaften in Kraft.