Entscheidungsstichwort (Thema)
BEAMTE. DURCHFUEHRUNG EINES URTEILS DES GERICHTSHOFES, MIT DEM EINE ERNENNUNGSENTSCHEIDUNG AUFGEHOBEN WIRD. AUFHEBUNG DER STELLENAUSSCHREIBUNG DURCH DAS ORGAN UND EROEFFNUNG EINES NEUEN EINSTELLUNGSVERFAHRENS. Klage. Rechtsschutzinteresse. Zum Auswahlverfahren zugelassener Bewerber. Urteil, mit dem die Ernennung aufgehoben wird. Eröffnung eines neuen Einstellungsverfahrens durch die Verwaltung. Einstellung. Keine Verpflichtung der Verwaltung zur Besetzung einer für frei erklärten Planstelle. Urteil, mit dem ein Einstellungsverfahren teilweise aufgehoben wird. Eröffnung eines neuen Verfahrens. Zulässigkeit. Beschwerende Verfügung. Begründungspflicht. Umfang. Klagegründe. Ermessensmißbrauch. Voraussetzungen. Beförderung. Ermessen der Verwaltung. Gerichtliche Nachprüfung. Grenzen
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Bewerber, der zu einem Einstellungsverfahren zugelassen worden ist, hat schon deshalb ein Interesse daran, wie die Anstellungsbehörde den Fortgang dieses Verfahrens bestimmt. Bei diesem Bewerber ist daher gegenüber den von der Verwaltung im Anschluß an ein Urteil, mit dem die Ernennung eines Mitbewerbers auf die streitige Stelle aufgehoben wurde, getroffenen Entscheidungen, eine erste Stellenausschreibung zurückzuziehen und ein neues Einstellungsverfahren durchzuführen, ein Rechtsschutzinteresse selbst dann gegeben, wenn er sich zu denselben Bedingungen erneut hat bewerben können, sofern das neue Verfahren die objektiven Bedingungen für eine Abwägung der verschiedenen Bewerbungen insoweit verändert, als es zum einen die Teilnahme neuer Bewerber und zum anderen gegebenenfalls die Berücksichtigung von Berufserfahrung und Abschlüssen ermöglicht, die die Bewerber in dem Zeitraum zwischen den beiden Stellenausschreibungen erworben haben.
Ausserdem werden die Adressaten eines Urteils, mit dem eine von einem Organ erlassene Rechtshandlung aufgehoben wird, zweifellos durch die Art, in der das Organ dieses Urteil ausführt, unmittelbar betroffen. Sie sind somit befugt, einen etwaigen Verstoß des Organs gegen die Pflichten aus den anwendbaren Vorschriften durch den Gerichtshof feststellen zu lassen.
2. Die Anstellungsbehörde ist nicht verpflichtet, ein gemäß Artikel 29 des Statuts eingeleitetes Einstellungsverfahren abzuschließen. Dieser Grundsatz gilt gerade auch dann, wenn das Einstellungsverfahren durch ein Urteil des Gemeinschaftsgerichts teilweise aufgehoben wird.
Folglich kann ein solches Urteil keinesfalls Auswirkungen auf das Ermessen der Anstellungsbehörde haben, ihre Auswahlmöglichkeiten im dienstlichen Interesse zu erweitern, indem sie die ursprüngliche Stellenausschreibung aufhebt und dementsprechend ein neues Einstellungsverfahren eröffnet. Da die Anstellungsbehörde nicht dazu verpflichtet ist, das eingeleitete Verfahren fortzusetzen, kann sie mit vollem Recht ein neues Einstellungsverfahren eröffnen, ohne daß sie bei der Durchführung des Urteils das Verfahren in der Lage fortführen müsste, in der es sich vor dem Erlaß der rechtswidrigen Maßnahme befand.
3. Die im Anschluß an ein Aufhebungsurteil erfolgte Aufhebung einer Stellenausschreibung und Eröffnung eines neuen Einstellungsverfahrens fallen in das Ermessen der Verwaltung bei der Organisation ihrer Dienststellen. Der Begründungspflicht nach Artikel 25 des Statuts ist mit der Bekanntgabe der neuen Stellenausschreibung Genüge getan, wenn diese in einem dem betroffenen Beamten bekannten Rahmen erfolgt und er deshalb die Bedeutung der angefochtenen Maßnahmen erkennen kann.
4. Von einem Ermessensmißbrauch kann nur dann ausgegangen werden, wenn nachgewiesen ist, daß die Anstellungsbehörde mit dem Erlaß der streitigen Verfügung einen anderen Zweck als den der betreffenden Regelung verfolgt hat.
5. Die Anstellungsbehörde verfügt bei der Abwägung der jeweiligen Verdienste der Beamten, die eine Anwartschaft auf Beförderung haben, über ein weites Ermessen, und das Gemeinschaftsgericht hat seine Kontrolle auf die Frage zu beschränken, ob die Behörde ihr Ermessen offensichtlich fehlerhaft ausgeuebt hat.
Normenkette
Beamtenstatut Art. 91; EWGVtr Art. 176; Beamtenstatut Art. 29, 25, 45
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tenor
1) Die Klage wird abgewiesen.
2) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Februar 1990.
Gründe
Sachverhalt, Verfahren und Anträge der Parteien
1 Der Kläger, Beamter bei der Generaldirektion Wettbewerb (GD IV) der Kommission, bewarb sich auf die im Jahre 1984 erfolgte Bekanntgabe der Stellenausschreibung KOM/902/84 hin mit fünfzehn anderen Beamten um die Stelle des Leiters der Abteilung „Staatsmonopole und öffentliche Unternehmen”. Die Kommission ernannte einen anderen Bewerber, Herrn Waterschoot, auf die genannte Stelle. Dagegen erhob der Kläger Anfechtungsklage beim Gerichtshof.
2 Mit Urteil vom 9. Juli 1987 hob der Gerichtshof die angefochtene Ernennung und zugleich die Entscheidung der Kommission, mit der diese die Bewerbung des Klägers ...