Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Nichtigkeitsklage. Klagefrist. Unzulässigkeit wegen Fristversäumnis. Begriff des entschuldbaren Irrtums. Offensichtlich unbegründetes Rechtsmittel

 

Beteiligte

SGAE / Kommission

Europäische Kommission

Sociedad General de Autores y Editores (SGAE)

 

Tenor

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Sociedad General de Autores y Editores (SGAE) trägt ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 20. März 2009,

Sociedad General de Autores y Editores (SGAE) mit Sitz in Madrid (Spanien), Prozessbevollmächtigte: R. Allendesalazar Corcho und R. Vallina Hoset, abogados,

Rechtsmittelführerin,

andere Verfahrensbeteiligte:

Europäische Kommission,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin C. Toader sowie der Richter K. Schiemann (Berichterstatter) und L. Bay Larsen,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: R. Grass,

nach Anhörung der Generalanwältin

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Sociedad General de Autores y Editores (SGAE) die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Januar 2009, SGAE/Kommission (T-456/08, im Folgenden: angefochtener Beschluss), mit dem die Klage auf teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung K(2008) 3435 endg. der Kommission vom 16. Juli 2008 in einem Verfahren nach Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/C2/38.698 – CISAC, im Folgenden: streitige Entscheidung) als offensichtlich unzulässig abgewiesen worden ist, weil sie nicht fristgerecht erhoben worden sei.

Vorgeschichte des Rechtsstreits und Verfahren vor dem Gericht

Rz. 2

Die Rechtsmittelführerin ist eine in Spanien ansässige Gesellschaft zur Verwertung von Urheberrechten.

Rz. 3

Mit Schreiben vom 23. Juli 2008 wurde ihr die streitige Entscheidung mitgeteilt, die ein Kartell im Rahmen der Bedingungen der Verwaltung und Lizenzierung der Rechte zur öffentlichen Aufführung von Musikwerken durch die Verwertungsgesellschaften betraf; in dem Kartell ging es um die Beschränkungen der Mitgliedschaft in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen entsprechend dem Mustervertrag der Confédération internationale des sociétés d'auteurs et compositeurs (CISAC, internationaler Dachverband der Verwertungsgesellschaften) und der faktischen Anwendung dieser Beschränkungen.

Rz. 4

Die Rechtsmittelführerin erhob mit Fax, das am 6. Oktober 2008 bei der Kanzlei des Gerichts einging, Klage gegen die streitige Entscheidung. Die Urschrift der Klageschrift ging am 9. Oktober 2008 bei der Kanzlei des Gerichts ein.

Rz. 5

Nachdem die Rechtsmittelführerin vom Kanzler des Gerichts mit Schreiben vom 15. Oktober 2008 darauf hingewiesen worden war, dass sie ihre Klage gegen die streitige Entscheidung nicht binnen der in Art. 230 EG vorgesehenen Frist erhoben habe, berief sie sich mit Schreiben vom 27. Oktober 2008 zur Rechtfertigung der Abweichung von den Bestimmungen über die Verfahrensfristen auf einen entschuldbaren Irrtum.

Rz. 6

Sie machte u. a. geltend, dass sie die Klagefrist ab dem 24. Juli 2008, dem Tag nach dem Zugang der streitigen Entscheidung, berechnet habe; sie sei daher zu dem Ergebnis gekommen, dass die Frist am 4. Oktober 2008 abgelaufen sei. Da der 4. Oktober 2008 ein Samstag gewesen sei, sei sie davon ausgegangen, dass die Frist gemäß Art. 101 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags, also am Montag, dem 6. Oktober 2008, geendet habe.

Rz. 7

Sie habe hierzu Art. 101 § 1 Buchst. a und b und § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts unter Zugrundelegung der Methode zur Fristenberechnung ausgelegt, die die Kommission der Europäischen Gemeinschaften in dem Verfahren, in dem die streitige Entscheidung ergangen sei, in Bezug auf Art. 3 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine (ABl. L 124, S. 1) angegeben habe. Da der Inhalt der beiden Bestimmungen im Wesentlichen gleich sei, sei sie durch die von der Kommission angegebene Methode zu dem irrtümlichen Schluss gelangt, dass die Fristberechnung im Gemeinschaftsrecht immer auf dieselbe Weise durchzuführen sei, nämlich indem zur Frist ein zusätzlicher Tag hinzugezählt werde, weil der Tag der Zustellung nicht in die Berechnung eingehe. Dieser Irrtum habe zur verspäteten Klageerhebung geführt.

Rz. 8

Außerdem habe sie die Richtigkeit ihrer Berechnung überprüfen wollen und deshalb die Kommission um eine schriftliche Bestätigung des Datums der Zustellung der streitigen Entscheidung gebeten. Nach dem Zugang dieser schriftlichen Bestätigung sei sie auch mit der Kanzlei des Gerichts in Verbindung getreten, um sich bestätigen zu lassen, dass sie die Frist richtig berechnet habe. Man habe ihr geantwortet, dass ihrer Bitte nicht entsprochen werden könne.

Der angefochtene Beschluss

Rz. 9

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Gericht die Kl...

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