Entscheidungsstichwort (Thema)
Streithilfe. EFTA-Überwachungsbehörde. Art. 40 Abs. 2 und 3 der Satzung des Gerichtshofs. Vertraulichkeit
Beteiligte
Tenor
1. Die EFTA-Überwachungsbehörde wird in der Rechtssache C-239/11 P als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Europäischen Kommission in Bezug auf den ersten, den sechsten und den siebten Rechtsmittelgrund der Siemens AG zugelassen.
2. Der EFTA-Überwachungsbehörde wird eine Frist zur schriftlichen Begründung ihrer Streithilfe gesetzt.
3. Der EFTA-Überwachungsbehörde werden durch den Kanzler Abschriften aller Verfahrensschriftstücke mit Ausnahme derjenigen übermittelt, deren vertrauliche Behandlung die Siemens AG und die Europäische Kommission beantragt haben.
4. Der EFTA-Überwachungsbehörde wird durch den Kanzler eine nichtvertrauliche Fassung der genannten Schriftstücke übermittelt.
5. Die Entscheidung über die mit der Streithilfe der EFTA-Überwachungsbehörde verbundenen Kosten bleibt vorbehalten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 19. Mai 2011,
Siemens AG mit Sitz in München (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte I. Brinker, C. Steinle und M. Hörster,
Rechtsmittelführerin,
andere Verfahrensbeteiligte:
Europäische Kommission, vertreten durch A. Antoniadis und R. Sauer als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
erlässt
DER PRÄSIDENT DES GERICHTSHOFS
auf Vorschlag der Berichterstatterin A. Prechal,
nach Anhörung des Ersten Generalanwalts J. Mazák
folgenden
Beschluss
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Siemens AG (im Folgenden: Siemens) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 3. März 2011, Siemens/Kommission (T-110/07, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), mit dem das Gericht ihre Klage auf teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung K(2006) 6762 endg. der Kommission vom 24. Januar 2007 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/F/38.899 – Gasisolierte Schaltanlagen) und, hilfsweise, auf Herabsetzung der in dieser Entscheidung gegen sie verhängten Geldbuße abgewiesen hat.
Rz. 2
Mit Schriftsatz, der am 11. August 2011 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat die EFTA-Überwachungsbehörde auf der Grundlage von Art. 40 Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 93 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs beantragt, im Rechtsmittelverfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Europäischen Kommission in Bezug auf den ersten, den sechsten und den siebten Rechtsmittelgrund von Siemens zugelassen zu werden.
Rz. 3
Nach Art. 40 Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs können die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen), die nicht Mitgliedstaaten sind, und die EFTA-Überwachungsbehörde unbeschadet von Art. 40 Abs. 2 einem bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten, wenn dieser einen der Anwendungsbereiche des EWR-Abkommens betrifft.
Rz. 4
Nach Art. 40 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs können natürliche oder juristische Personen einem beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten, sofern sie ein berechtigtes Interesse an dessen Ausgang glaubhaft machen können; davon ausgenommen sind Rechtssachen zwischen Mitgliedstaaten, zwischen Organen der Union oder zwischen Letzteren und Mitgliedstaaten.
Rz. 5
Das vorliegende Rechtsmittel gegen ein Urteil des Gerichts, das in einer Rechtssache zwischen einem Unternehmen und einem Organ ergangen ist, gehört zum einen nicht zu den Arten von Rechtssachen, bei denen die Streithilfe natürlicher oder juristischer Personen durch Art. 40 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs ausdrücklich ausgeschlossen wird.
Rz. 6
Zum anderen regelt Art. 40 Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs, unter welchen Umständen, abgesehen von den durch Art. 40 Abs. 2 ausgeschlossenen Fällen, davon auszugehen ist, dass die Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und die EFTA-Überwachungsbehörde ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines Rechtsstreits haben, nämlich dann, wenn er einen der Anwendungsbereiche des EWR-Abkommens betrifft (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 2. September 2010, Kommission/EDF, C-124/10 P, Randnr. 7).
Rz. 7
Hierzu führt die EFTA-Überwachungsbehörde aus, das Rechtsmittel betreffe u. a. die Tragweite und die Anwendung des Grundrechts auf ein faires Verfahren in Wettbewerbssachen sowie die Begründungspflicht, die der Kommission im Fall wettbewerbsrechtlicher Entscheidungen nach Art. 296 Abs. 2 AEUV obliege. Sie fügt hinzu, das Wettbewerbsrecht gehöre zu den Anwendungsbereichen des EWR-Abkommens, wobei der Wortlaut von dessen Art. 53 im Wesentlichen dem Wortlaut von Art. 101 AEUV entspreche, und nach Art. 55 des EWR-Abkommens sei sie – in gleicher Weis...