Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen. Verträge über eine Bürgschaft und die Bestellung einer Immobiliarsicherheit, die mit einem Kreditinstitut von natürlichen Personen geschlossen wurden, die zu einem Zweck handeln, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, und die keine Verbindung funktioneller Art zu der Handelsgesellschaft aufweisen, für die sie eine Sicherheit stellen

 

Normenkette

Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 99; EWGRL 13/93 Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Buchst. B

 

Beteiligte

Tarcău

Dumitru Tarcau

Ileana Tarcau

Banca Comerciala Intesa Sanpaolo Romania SA u. a

 

Tenor

Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sind dahin auszulegen, dass diese Richtlinie auf einen Vertrag über die Bestellung einer Immobiliarsicherheit oder einen Bürgschaftsvertrag anwendbar sein kann, der zwischen einer natürlichen Person und einem Kreditinstitut zur Sicherung von Verbindlichkeiten geschlossen wurde, die eine Handelsgesellschaft gegenüber diesem Institut im Rahmen eines Kreditvertrags eingegangen ist, wenn die natürliche Person zu Zwecken außerhalb ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit gehandelt hat und keine Verbindung funktioneller Art zu dieser Gesellschaft aufweist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Curte de Apel Oradea (Berufungsgericht Oradea, Rumänien) mit Entscheidung vom 5. Februar 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Februar 2015, in dem Verfahren

Dumitru Tarcău,

Ileana Tarcău

gegen

Banca Comercială Intesa Sanpaolo România SA u. a.

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Richters A. Borg Barthet in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten, der Richterin M. Berger (Berichterstatterin) und des Richters S. Rodin,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn und Frau Tarcău, vertreten durch C. Herţa, avocat,
  • der Banca Comercială Intesa Sanpaolo România SA u. a., vertreten durch L. Bercea, avocat,
  • der rumänischen Regierung, vertreten durch R. H. Radu, R. I. Haţieganu und A.-G. Văcaru als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Kemper als Bevollmächtigte,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Gheorghiu und D. Roussanov als Bevollmächtigte,

aufgrund der nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn und Frau Tarcău auf der einen und Banca Comercială Intesa Sanpaolo România SA u. a. auf der anderen Seite wegen eines Vertrags über die Bestellung einer Immobiliarsicherheit und eines Bürgschaftsvertrags.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 9 und 10 der Richtlinie 93/13 heißt es:

„… Käufer von Waren oder Dienstleistungen [sind] vor Machtmissbrauch des Verkäufers oder des Dienstleistungserbringers, insbesondere vor vom Verkäufer einseitig festgelegten Standardverträgen und vor dem missbräuchlichen Ausschluss von Rechten in Verträgen zu schützen.

Durch die Aufstellung einheitlicher Rechtsvorschriften auf dem Gebiet missbräuchlicher Klauseln kann der Verbraucher besser geschützt werden. Diese Vorschriften sollten für alle Verträge zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern gelten. Von dieser Richtlinie ausgenommen sind daher insbesondere Arbeitsverträge sowie Verträge auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts”.

Rz. 4

Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:

„Zweck dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern.”

Rz. 5

In Art. 2 der Richtlinie sind die Begriffe „Verbraucher” und „Gewerbetreibender” wie folgt definiert:

„Im Sinne dieser Richtlinie bedeuten:

b) Verbraucher: eine natürliche Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann;

c) Gewerbetreibender: eine natürliche oder juristische Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, auch wenn diese dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzurechnen ist...

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