Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerb. Kartelle. Art. 81 EG. Alleinbezugsvertrag für Kraft- und Brennstoffe. Freistellung. Verordnung (EWG) Nr. 1984/83. Art. 12 Abs. 2. Verordnung (EG) Nr. 2790/1999. Art. 4 Buchst. a und 5 Buchst. a. Dauer der Ausschließlichkeit. Festsetzung des Endverkaufspreises
Beteiligte
Tenor
1. Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1984/83 der Kommission vom 22. Juni 1983 über die Anwendung von Artikel [81] Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Alleinbezugsvereinbarungen in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1582/97 der Kommission vom 30. Juli 1997 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Anwendung der in dieser Vorschrift vorgesehenen Ausnahmeregelung nicht voraussetzte, dass der Lieferant Eigentümer des Grundstücks war, auf dem er die Tankstelle gebaut hatte, die er an den Wiederverkäufer verpachtete.
2. Art. 5 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen ist dahin auszulegen, dass die Anwendung der in dieser Vorschrift vorgesehenen Ausnahmeregelung voraussetzt, dass der Lieferant Eigentümer sowohl der Tankstelle, die er dem Wiederverkäufer vermietet oder verpachtet, als auch des Grundstücks ist, auf dem die Tankstelle steht, oder dass er die Tankstelle und das Grundstück, wenn er nicht der Eigentümer ist, von nicht mit dem Wiederverkäufer verbundenen Dritten gemietet oder gepachtet hat.
3. Den Endverkaufspreis betreffende Vertragsklauseln wie die im Ausgangsverfahren können unter die Gruppenfreistellung nach der Verordnung Nr. 1984/83 in der durch die Verordnung Nr. 1582/97 geänderten Fassung und nach der Verordnung Nr. 2790/1999 fallen, wenn der Lieferant lediglich einen Höchstverkaufspreis festsetzt oder einen Verkaufspreis empfiehlt und der Wiederverkäufer daher tatsächlich die Möglichkeit hat, den Endverkaufspreis festzulegen. Dagegen können solche Klauseln dann nicht unter die genannten Freistellungen fallen, wenn sie unmittelbar oder auf mittelbare oder verschleierte Art und Weise auf die Festlegung des Endverkaufspreises oder auf die Vorgabe eines Mindestpreises durch den Lieferanten hinauslaufen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung sämtlicher Klauseln in ihrem wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang und des Verhaltens der Vertragsparteien zu prüfen, ob der Wiederverkäufer derartigen Zwängen unterliegt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Audiencia Provincial de Barcelona (Spanien) mit Entscheidung vom 13. Dezember 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Mai 2007, in dem Verfahren
Pedro IV Servicios SL
gegen
Total España SA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter J. Klučka und U. Lõhmus (Berichterstatter), der Richterin P. Lindh und des Richters A. Arabadjiev,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2008,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Pedro IV Servicios SL, vertreten durch A. Hernández Pardo, M. Gaitán Luján und I. Sobrepera Millet, abogados,
- der Total España SA, vertreten durch J. A. de Velasco Esteban, C. Fernández Vicién und I. Moreno-Tapia Rivas, abogados,
- der spanischen Regierung, vertreten durch M. Muñoz Pérez als Bevollmächtigten,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Di Bucci und E. Gippini Fournier als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. September 2008
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 81 EG, der Art. 11 und 12 der Verordnung (EWG) Nr. 1984/83 der Kommission vom 22. Juni 1983 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Alleinbezugsvereinbarungen (ABl. L 173, S. 5) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1582/97 der Kommission vom 30. Juli 1997 (ABl. L 214, S. 27) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1984/83) und der Art. 4 Buchst. a und 5 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen (ABl. L 336, S. 21).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Pedro IV Servicios SL (im Folgenden: Pedro IV) und der Total España SA (im Folgenden: Total) über den Antrag von Pedro IV, das zwischen den beiden Gesellschaften bestehende komplexe Vertragsverhältnis für nichtig zu erklären, weil es wettbewerbsbeschränkende Klauseln enthalte.
Gemeinschaftsrechtlicher Rahmen
Die Verordnung Nr. 1984/83
Rz. 3
Die Verordnung Nr. 1984/83 nahm bestimmte Gruppen von Alleinbezugsvereinbarunge...