Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage bei der Abgabe von Werbegeschenken eines Versandunternehmens
Leitsatz (redaktionell)
In dem Verfahren ging es um die Frage der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage bei Werbegeschenken. In dem Fall erhielt ein Kaufinteressent von einem Katalogversand-Unternehmen kostenlos ein aus dem angebotenen Warensortiment auszuwählendes Werbegeschenk, wenn der Interessent – nach Angaben über seine Kreditwürdigkeit – zum erstenmal eine Katalogbestellung aufgab. Kunden, die bereits gekauft hatten, erhielten ebenfalls ein Werbegeschenk, wenn sie einen neuen Kunden warben.
Das Vorlagegericht fragte, ob dem Werbegeschenk des Versandunternehmens eine Gegenleistung des Kunden gegenüber steht, die von dem Geldbetrag zu unterscheiden ist, den er für die Katalogbestellung zu entrichten hatte.
Der EuGH hat entschieden, daß die Bemessungsgrundlage für einen Artikel, den ein Lieferer ohne Zuzahlung an eine Person liefert, die sich selbst oder eine andere Person als potentielle neue Kundin vorstellt, dem Kaufpreis entspricht, den der Lieferer für den Erwerb dieses Artikels gezahlt hat. Die Bemessungsgrundlage ist also der Einkaufspreis und nicht der Verkaufspreis, der anderen Kunden in Rechnung gestellt wird.
Beteiligte
Commissioners of Customs & Excise |
Gründe
Urteil des Gerichtshofes
(Sechste Kammer)
„Mehrwertsteuer – Sechste Richtlinie – Besteuerungsgrundlage”
In der Rechtssache C-33/93
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EWG-Vertrag von den Value Added Tax Tribunals, Manchester Tribunal Centre (Vereinigtes Königreich), in dem bei diesen anhängigen Rechtsstreit
Empire Stores Ltd
gegen
Commissioners of Customs and Excise
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Artikels 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1)
erläßt
Der Gerichtshof (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten G. F. Mancini, der Richter C. N. Kakouris, F. A. Schockweiler (Berichterstatter), P. J. G. Kapteyn und J. L. Murray
Generalanwalt: W. Van Gerven
Kanzler: L Hewlen, Verwaltungsrätin
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
der Empire Stores Ltd, vertreten durch Rosamond J. Marshall Smith und David Milne, QC,
der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch John D. Colahan, Treasury Solicitor's Department, als Bevollmächtigten, Beistand: Barrister Stephen Richards,
der portugiesischen Regierung, vertreten durch Luís Fernandes, Direktor des Juristischen Dienstes der Generaldirektion für die Europäischen Gemeinschaften des Außenministeriums, Angelo Cortesão Seiça Neves, Jurist bei der Generaldirektion für die Europäischen Gemeinschaften des Außenministeriums, Arlindo Correia, stellvertretender Generaldirektor des Mehrwertsteuerverwaltungsdienstes, und Maria Teresa Lemos, Juristin des Mehrwertsteuerverwaltungsdienstes, als Bevollmächtigte,
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater Thomas F. Cusack, und Enrico Traversa, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Empire Stores Ltd, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch John D. Colahan, Beistand:
Barister Sarah Lee, und der Kommission in der Sitzung vom 3. Februar 1994,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. März 1994,
folgendes
Urteil
1 Die Value Added Tax Tribunals, Manchester Tribunal Centre, haben mit Beschluß vom 14. Januar 1993, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Februar 1993, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung des Artikels 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABI. L 145, S. 1; im folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgeIegt.
2 Diese Fragen stellen sich in zwei Rechtsstreitigkeiten zwischen der Empire Stores Ltd (im folgenden: Klägerin) und den Commissioners of Customs and Excise (im folgenden: Beklagte) wegen zweier Steuerbescheide über die Festsetzung der Mehrwertsteuer, die die Klägerin für Gegenstände schuldet, die sie Personen geschenkt hatte, die entweder sich selbst als potentielle neue Kundinnen oder die der Klägerin andere Personen als solche Kundinnen vorgestellt hatten.
3 Die Klägerin ist ein Versandhandelsunternehmen. Ihre Kundschaft besteht im wesentlichen aus Frauen. Aus dem Vorlagebeschluß ergibt sich, daß die Klägerin während der Zeiträume, auf die sich die Steuerbescheide beziehen, zwei Verfahren anwandte, um neue Kundinnen zu werben.
4 Bei dem ersten, „self-introduction scheme” genannten Verfahren ...