Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Umwelt. Richtlinie 85/337/EWG. Prüfung der Umweltverträglichkeit von Projekten. Bau eines Jachthafens in Fossacesia
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tenor
1. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten verstoßen, dass die Region Abruzzen nicht ordnungsgemäß geprüft hat, ob das Projekt des Baus eines Jachthafens in Fossacesia (Chieti), das zu den vom Verzeichnis in Anhang II dieser Richtlinie umfassten Arten von Projekten gehört, Merkmale aufweist, die die Eröffnung eines Verfahrens zur Prüfung seiner Umweltverträglichkeit erfordern.
2. Die Italienische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 26. Februar 2003,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Amorosi und A. Aresu als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Italienische Republik, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten, im Beistand von M. Fiorilli, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Borg Barthet sowie der Richter J.-P. Puissochet (Berichterstatter) und S. von Bahr,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beim Gerichtshof die Feststellung, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 175, S. 40) verstoßen hat, dass sie nicht ordnungsgemäß geprüft hat, ob das Projekt des Baus eines Jachthafens in Fossacesia (Chieti), das zu den vom Verzeichnis in Anhang II dieser Richtlinie umfassten Arten von Projekten gehört, Merkmale aufweist, die die Eröffnung eines Verfahrens zur Prüfung seiner Umweltverträglichkeit erfordern.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
2 Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 85/337 sieht in seiner zur Zeit des Sachverhalts geltenden Fassung vor:
„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vor der Erteilung der Genehmigung [aufgrund deren der Projektträger das Recht zur Durchführung des Projekts erhält] die Projekte, bei denen insbesondere aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden.
Diese Projekte sind in Artikel 4 definiert.”
3 Artikel 4 Absatz 2 dieser Richtlinie bestimmt:
„Projekte der in Anhang II aufgezählten Klassen werden einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen, wenn ihre Merkmale nach Auffassung der Mitgliedstaaten dies erfordern.
Zu diesem Zweck können die Mitgliedstaaten insbesondere bestimmte Arten von Projekten, die einer Prüfung zu unterziehen sind, bestimmen oder Kriterien und/oder Schwellenwerte aufstellen, anhand deren bestimmt werden kann, welche von den Projekten der in Anhang II aufgezählten Klassen einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden sollen.”
4 Nr. 10 des Anhangs II der Richtlinie 85/337, der mit „Infrastrukturprojekte” überschrieben ist, verweist auf „Jachthäfen”.
5 Die Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206, S. 7) sieht die Errichtung eines kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung „Natura 2000” vor.
6 Dieses Netz besteht aus Gebieten, die bestimmte natürliche Lebensraumtypen sowie die Habitate bestimmter Arten umfassen, und muss den Fortbestand oder gegebenenfalls die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands dieser natürlichen Lebensraumtypen und Habitate der Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet gewährleisten. Zur Errichtung dieses Netzes haben die Mitgliedstaaten nach Artikel 4 der Richtlinie 92/43 Gebiete vorzuschlagen, die als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung bestimmt und dann als besondere Schutzgebiete „vorgeschlagene Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung”, im Folgenden: pSCI) ausgewiesen werden könnten.
Nationales Recht
7 Aus der Akte geht hervor, dass die italienischen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 85/337 bei Jachthäfen zwischen solchen unterscheiden, deren Wasserfläche 10 Hektar übersteigt oder deren Umgebung mehr als 5 Hektar umfasst oder deren Kais länger als 500 Me...