Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Luftverkehr. Dienstleister für Flugverkehrsdienste. Entscheidung, den Luftraum zu sperren. Ausübung hoheitlicher Befugnisse. Luftraumnutzer. Luftfahrtunternehmen. Recht, gegen eine Entscheidung über die Sperrung des Luftraums einen Rechtsbehelf einzulegen. Freier Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Verkehrs. Unternehmerische Freiheit. Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 549/2004; Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 16, 47; AEUV Art. 58; Verordnung (EG) Nr. 550/2004
Beteiligte
Tenor
1. Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 550/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2004 über die Erbringung von Flugsicherungsdiensten im einheitlichen europäischen Luftraum in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1070/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 geänderten Fassung ist in Verbindung mit Art. 2 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 549/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2004 zur Festlegung des Rahmens für die Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums („Rahmenverordnung”) in der durch die Verordnung Nr. 1070/2009 geänderten Fassung und im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass er Luftraumnutzern wie Luftfahrtunternehmen ein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor den nationalen Gerichten gegen den Dienstleister für Flugverkehrsdienste verleiht, um die behaupteten Verstöße gegen die diesem obliegende Verpflichtung zur Erbringung von Diensten gerichtlich überprüfen zu lassen.
2. Die Verordnung Nr. 550/2004 in der durch die Verordnung Nr. 1070/2009 geänderten Fassung ist im Licht ihres fünften Erwägungsgrundes sowie von Art. 58 Abs. 1 AEUV und von Art. 16 der Charta der Grundrechte dahin auszulegen, dass sie die Anwendung der im AEU-Vertrag geregelten Wettbewerbsvorschriften auf mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse zusammenhängende Flugverkehrsdienste wie die in dieser Verordnung vorgesehenen ausschließt, aber die Anwendung der Vorschriften des AEU-Vertrags und dieser Charta über Rechte und Freiheiten der Luftraumnutzer wie Rechte in Verbindung mit dem freien Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Verkehrs und der unternehmerischen Freiheit nicht ausschließt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal de l'entreprise du Hainaut, division de Charleroi (Unternehmensgericht Hainaut, Abteilung Charleroi, Belgien), mit Entscheidung vom 23. Juli 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Juli 2020, in dem Verfahren
Skeyes
gegen
Ryanair DAC
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin K. Jürimäe (Berichterstatterin) sowie der Richter N. Jääskinen, M. Safjan, N. Piçarra und M. Gavalec,
Generalanwalt: A. Rantos,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2021,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Skeyes, vertreten durch N. Becker, R. Thüngen und K. De Vulder, Avocats,
- der Ryanair DAC, vertreten durch A. Cassart, A.-V. Rensonnet und E. Vahida, Avocats, S. Rating, Abogado und Rechtsanwalt, und I.-G. Metaxas-Maranghidis, Dikigoros,
- der belgischen Regierung, vertreten durch L. Van den Broeck, C. Pochet, S. Baeyens und P. Cottin als Bevollmächtigte im Beistand von L. Delmotte und B. Van Hyfte, Advocaten,
- der spanischen Regierung, vertreten durch J. Rodríguez de la Rúa Puig als Bevollmächtigten,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, T. Lisiewski und S. Żyrek als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Berghe, T. Franchoo, W. Mölls und B. Sasinowska als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Januar 2022
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 550/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2004 über die Erbringung von Flugsicherungsdiensten im einheitlichen europäischen Luftraum (ABl. 2004, L 96, S. 10) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1070/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 (ABl. 2009, L 300, S. 34) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 550/2004).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem autonomen öffentlichen Unternehmen Skeyes und dem Luftfahrtunternehmen Ryanair DAC über eine Entscheidung, die in äußerster Dringlichkeit vom Tribunal de l'entreprise du Hainaut, division de Charleroi (Unternehmensgericht Hainaut, Abteilung Charleroi, Belgien), erlassen wurde, mit der Skeyes infolge einer Arbeitskampfmaßnahme seines Personals aufgegeben wurde, die Erbringung der Dienstleistung sicherzustellen, deren alleiniger Erbringer es ist, damit der Luftverkehr regulär durchgeführt werden kann.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung Nr. 549/2004
Rz. ...