Entscheidungsstichwort (Thema)
Verordnung (EG) Nr. 6/2002. Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Art. 14 und 88. Inhaber des Rechts auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Nicht eingetragenes Geschmacksmuster. Auftragsgeschmacksmuster
Beteiligte
Fundación Española para la Innovación de la Artesanía (FEIA) |
Cul de Sac Espacio Creativo SL |
Acierta Product & Position SA |
Tenor
1. Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster gilt nicht für als Auftragsarbeiten entworfene Gemeinschaftsgeschmacksmuster.
2. Unter Umständen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden ist Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 dahin auszulegen, dass das Recht auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster dem Entwerfer zusteht, sofern es nicht vertraglich auf einen Rechtsnachfolger übertragen wurde.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Juzgado de lo Mercantil n° 1 de Alicante y n° 1 de Marca Comunitaria (Spanien) mit Entscheidung vom 18. Januar 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Januar 2008, in dem Verfahren
Fundación Española para la Innovación de la Artesanía (FEIA)
gegen
Cul de Sac Espacio Creativo SL,
Acierta Product & Position SA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter M. Ilešič (Berichterstatter), A. Tizzano, A. Borg Barthet und E. Levits,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Fundación Española para la Innovación de la Artesanía (FEIA), vertreten durch M. J. Sanmartín Sanmartín, abogada,
- der Cul de Sac Espacio Creativo SL, vertreten durch O. L. Herreros Chico, abogado,
- der Acierta Product & Position SA, vertreten durch T. Sánchez Morgado, abogada,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch I. Rao als Bevollmächtigte im Beistand von S. Malynicz, Barrister,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch I. Martínez del Peral und H. Krämer als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. März 2009
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 14 Abs. 1 und 3 sowie Art. 88 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1, im Folgenden: Verordnung).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Fundación Española para la Innovación de la Artesanía (im Folgenden: FEIA) einerseits und den Gesellschaften Cul de Sac Espacio Creativo SL (im Folgenden: Cul de Sac) und Acierta Product & Position SA (im Folgenden: Acierta) andererseits über die Inhaberschaft an Gemeinschaftsgeschmacksmustern für Wanduhren.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Rz. 3
Ihrem ersten Erwägungsgrund zufolge bezweckt die Verordnung, ein „Gemeinschaftsgeschmacksmuster, dem einheitlicher Schutz mit einheitlicher Wirkung für die gesamte Gemeinschaft verliehen wird”, zu schaffen.
Rz. 4
Im achten Erwägungsgrund der Verordnung wird ein leichter zugängliches und den Erfordernissen des Binnenmarkts besser angepasstes Geschmacksmusterschutzsystem daher als wesentlich für die Wirtschaft der Gemeinschaft bezeichnet. [Bei dem in der deutschen Fassung wiedergegebenen Text handelt es sich um den – ausweislich der übrigen Sprachfassungen nicht in die Verordnung übernommenen – achten Erwägungsgrund des Kommissionsvorschlags für diese Verordnung.]
Rz. 5
Im neunten Erwägungsgrund der Verordnung wird ausgeführt:
„Die materiellrechtlichen Bestimmungen dieser Verordnung über das Geschmacksmusterrecht sollten den entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie 98/71/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen (ABl. L 289, S. 28)] angepasst werden.”
Rz. 6
Im 16. Erwägungsgrund der Verordnung heißt es:
„Einige [der Wirtschaftszweige in der Gemeinschaft] bringen zahlreiche Geschmacksmuster für Erzeugnisse hervor, die häufig nur eine kurze Lebensdauer auf dem Markt haben; für sie ist ein Schutz ohne Eintragungsformalitäten vorteilhaft und die Schutzdauer von geringerer Bedeutung. …”
Rz. 7
Der 21. Erwägungsgrund der Verordnung sieht vor:
„… Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster sollte … nur das Recht verleihen, Nachahmungen zu verhindern. …”
Rz. 8
Im 25. Erwägungsgrund der Verordnung heißt es:
„Wirtschaftszweige, die sehr viele möglicherweise kurzlebige Geschmacksmuster während kurzer Zeiträume hervorbringen, von denen vielleicht nur einige tatsächlich vermarktet werden, werden das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster vorteilhaft finden. Für diese Wirtschaftszweige besteht ferner der Bedarf, leichter auf das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster zugreifen zu können. Die Möglichkeit, eine Vielzahl von Geschmacksmuster...