Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Abfallbewirtschaftung. Urteil des Gerichtshofs, mit dem eine Vertragsverletzung festgestellt wird. Nichtdurchführung. Finanzielle Sanktionen. Zwangsgeld. Pauschalbetrag
Normenkette
Richtlinie 75/442/EWG; Richtlinie 91/689/EWG; Richtlinie 999/31/EG; AEUV Art. 260 Abs. 2
Beteiligte
Tenor
1. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 260 Abs. 1 AEUV verstoßen, dass sie nicht alle Maßnahmen ergriffen hat, die sich aus dem Urteil Kommission/Italien (C-135/05, EU:C:2007:250) ergeben.
2. Die Italienische Republik wird verurteilt, beginnend mit dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils bis zur vollständigen Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) an die Europäische Kommission auf das Konto „Eigenmittel der Europäischen Union” ein halbjährliches Zwangsgeld zu zahlen, das für das erste auf diese Verkündung folgende Halbjahr an dessen Ende auf der Grundlage eines ursprünglichen Betrags von 42 800 000 Euro berechnet wird, von dem für jede der Anlagen mit gefährlichen Abfällen, die mit jenem Urteil in Einklang gebracht worden ist, ein Betrag von 400 000 Euro und für jede der anderen mit jenem Urteil in Einklang gebrachten Anlagen ein Betrag von 200 000 Euro abgezogen wird. Für alle folgenden Halbjahre wird das für jedes Halbjahr geschuldete Zwangsgeld am Ende des Halbjahrs auf der Grundlage des für das vorhergehende Halbjahr festgesetzten Zwangsgelds berechnet und werden nach Maßgabe dessen, wie viele der von der festgestellten Vertragsverletzung betroffenen Anlagen im Lauf des betreffenden Halbjahrs mit dem Urteil in Einklang gebracht worden sind, die gleichen Abzüge vorgenommen.
3. Die Italienische Republik wird verurteilt, an die Europäische Kommission auf das Konto „Eigenmittel der Europäischen Union” einen Pauschalbetrag in Höhe von 40 Mio. Euro zu zahlen.
4. Die Italienische Republik trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 260 Abs. 2 AEUV, eingereicht am 16. April 2013,
Europäische Kommission, vertreten durch D. Recchia, A. Alcover San Pedro und E. Sanfrutos Cano als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Italienische Republik, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Fiengo, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten T. von Danwitz, A. Ó Caoimh (Berichterstatter), C. Vajda und S. Rodin sowie der Richter A. Borg Barthet, J. Malenovský, E. Levits, E. Jarašiūnas, C. G. Fernlund, J. L. da Cruz Vilaça und F. Biltgen,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juni 2014,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 4. September 2014
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission,
- festzustellen, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 260 Abs. 1 AEUV verstoßen hat, dass sie nicht alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, die sich aus dem Urteil Kommission/Italien (C-135/05, EU:C:2007:250) ergeben, in dem der Gerichtshof festgestellt hat, dass die Italienische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 4, 8 und 9 der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle (ABl. L 194, S. 39) in der durch die Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 (ABl. L 78, S. 32) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 75/442), aus Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/689/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 über gefährliche Abfälle (ABl. L 377, S. 20) und aus Art. 14 Buchst. a bis c der Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien (ABl. L 182, S. 1) verstoßen hat;
- die Italienische Republik zu verurteilen, an die Kommission ab dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils ein Zwangsgeld in Höhe von 256 819,20 Euro für jeden Tag des Verzugs bei der Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) zu zahlen;
- die Italienische Republik zu verurteilen, ihr einen Pauschalbetrag in Höhe des Produkts des Tagessatzes von 28 089,60 Euro und der Zahl der Tage der Fortdauer des Verstoßes vom Tag der Verkündung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) bis zum Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils zu zahlen;
- der Italienischen Republik die Kosten aufzuerlegen.
Rechtlicher Rahmen
Richtlinie 75/442
Rz. 2
Art. 4 der Richtlinie 75/442 lautete:
„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Abfälle verwertet oder beseitigt werden, ohne dass die menschliche Gesundheit gefährdet wird und ohne dass Verfahren oder M...