Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorabentscheidungsersuchen. Umwelt. Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung. Neufestlegung des Status eines solchen Gebiets bei Auftreten von Umweltverschmutzungen oder -schädigungen. Nationale Rechtsvorschriften, die für die Betroffenen keine Möglichkeit zur Beantragung einer solchen Neufestlegung vorsehen. Übertragung einer Ermessensbefugnis, von Amts wegen ein Verfahren zur Neufestlegung des genannten Status einzuleiten, auf die zuständigen innerstaatlichen Behörden
Normenkette
Richtlinie 92/43/EWG
Beteiligte
Presidenza del Consiglio dei Ministri |
Ministero dell'Ambiente e della Tutela del Territorio e del Mare |
Consorzio Parco Lombardo della Valle del Ticino |
Tenor
1. Art. 4 Abs. 1, Art. 9 und Art. 11 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen in der durch die Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten verpflichtet sind, der Europäischen Kommission die Aufhebung der Klassifizierung eines in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommenen Gebiets vorzuschlagen, wenn sie mit einem Antrag des Eigentümers eines in diesem Gebiet gelegenen Grundstücks befasst worden sind, mit dem die ökologische Schädigung des Gebiets geltend gemacht wird, sofern dieser Antrag damit begründet wird, dass das genannte Gebiet trotz der Beachtung von Art. 6 Abs. 2 bis 4 der Richtlinie endgültig nicht mehr zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen oder zur Errichtung des Netzes Natura 2000 beitragen kann.
2. Art. 4 Abs. 1, Art. 9 und Art. 11 der Richtlinie 92/43 in der durch die Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die die Befugnis, die Anpassung der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung vorzuschlagen, allein den Gebietskörperschaften überträgt und nicht – zumindest ersatzweise im Fall ihrer Untätigkeit – dem Staat, soweit diese Zuständigkeitsverteilung die ordnungsgemäße Anwendung der Vorschriften der Richtlinie gewährleistet.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Italien) mit Entscheidung vom 29. Mai 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 20. Juni 2012, in dem Verfahren
Cascina Tre Pini Ss
gegen
Ministero dell'Ambiente e della Tutela del Territorio e del Mare,
Regione Lombardia,
Presidenza del Consiglio dei Ministri,
Consorzio Parco Lombardo della Valle del Ticino,
Comune di Somma Lombardo
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, G. Arestis (Berichterstatter), J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2013,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Cascina Tre Pini Ss, vertreten durch E. Cicigoi, avvocatessa,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von A. De Stefano, avvocato dello Stato,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und D. Hadroušek als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Moro und L. Banciella als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 20. Juni 2013
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 9 und 11 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206, S. 7) in der durch die Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 2003, L 236, S. 33) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 92/43).
Rz. 2
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