Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs. Glücksspiele. Betrieb von Glücksspielen im Internet. Regelung, die eine Erlaubnis einem einzigen Veranstalter vorbehält. Verlängerung der Erlaubnis ohne Ausschreibung. Grundsatz der Gleichbehandlung und Gebot der Transparenz. Geltung im Glücksspielbereich

 

Normenkette

EG Art. 49

 

Beteiligte

Sporting Exchange

Sporting Exchange Ltd, Inhaberin der Firma „Betfair”

Minister van Justitie

 

Tenor

1. Art. 49 EG ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der des Ausgangsverfahrens nicht entgegensteht, die die Veranstaltung und die Förderung von Glücksspielen einer Ausschließlichkeitsregelung zugunsten eines einzigen Veranstalters unterwirft und es allen anderen – auch den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen – Veranstaltern untersagt, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats von dieser Regelung erfasste Dienstleistungen über das Internet anzubieten.

2. Art. 49 EG ist dahin auszulegen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung und das daraus folgende Transparenzgebot in Verfahren zur Erteilung und zur Verlängerung der Zulassung zugunsten eines einzigen Veranstalters im Glücksspielbereich gelten, sofern es sich nicht um einen öffentlichen Veranstalter handelt, der hinsichtlich seiner Leitung unmittelbarer staatlicher Aufsicht unterliegt, oder um einen privaten Veranstalter, dessen Tätigkeiten die Behörden genau überwachen können.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Raad van State (Niederlande) mit Entscheidung vom 14. Mai 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Mai 2008, in dem Verfahren

Sporting Exchange Ltd, Inhaberin der Firma „Betfair”,

gegen

Minister van Justitie,

Beteiligte:

Stichting de Nationale Sporttotalisator,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter), der Richterin P. Lindh sowie der Richter A. Rosas, U. Lõhmus und A. Arabadjiev,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2009,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Sporting Exchange Ltd, Inhaberin der Firma „Betfair”, vertreten durch I. Scholten-Verheijen, O. Brouwer, A. Stoffer und J. Franssen, advocaten,
  • der Stichting de Nationale Sporttotalisator, vertreten durch W. Geursen, E. Pijnacker Hordijk und M. van Wissen, advocaten,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels, M. de Grave und Y. de Vries als Bevollmächtigte,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch A. Hubert und L. Van den Broeck als Bevollmächtigte im Beistand von P. Vlaemminck, advocaat,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch J. Bering Liisberg und V. Pasternak Jørgensen als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma als Bevollmächtigten,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch M. Tassopoulou, Z. Chatzipavlou und A. Samoni-Rantou als Bevollmächtigte,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch F. Díez Moreno als Bevollmächtigten,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, P. Mateus Calado und A. Barros als Bevollmächtigte,
  • der finnischen Regierung, vertreten durch A. Guimaraes-Purokoski und J. Heliskoski als Bevollmächtigte,
  • der norwegischen Regierung, vertreten durch P. Wennerås und K. Moen als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa, A. Nijenhuis und S. Noë als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. Dezember 2009

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 49 EG.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Sporting Exchange Ltd, Inhaberin der Firma „Betfair”, mit Sitz im Vereinigten Königreich (im Folgenden: Betfair), und dem Minister van Justitie (Justizminister, im Folgenden: Minister) wegen der von diesem ausgesprochenen Zurückweisung erstens der Anträge von Betfair auf Zulassung als Glücksspielveranstalter in den Niederlanden und zweitens der von Betfair gegen die Zulassung zweier anderer Veranstalter eingelegten Rechtsbehelfe.

Nationales Recht

Rz. 3

Art. 1 des Gesetzes über Glücksspiele (Wet op de kansspelen, im Folgenden: Wok) bestimmt:

„Vorbehaltlich der Bestimmungen des Abschnitts Va dieses Gesetzes ist es verboten,

a. die Möglichkeit zur Teilnahme an einem Preis- oder Prämienwettbewerb zu bieten, wenn die Ermittlung der Gewinner allein dem Zufall überlassen bleibt, den die Teilnehmer im Allgemeinen nicht entscheidend beeinflussen können, es sei denn, dass eine entsprechende Erlaubnis nach diesem Gesetz erteilt worden ist;

b. ohne eine Erlaubnis nach diesem Gesetz die Teilnahme an einer unter Buchst. a genannten Veranstaltung oder einer entsprechenden Veranstaltung in Europa außerhalb des Königreichs der Niederlan...

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