Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Umwelt. Luftqualität. Systematische und anhaltende Überschreitung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) in bestimmten Gebieten und Ballungsräumen Deutschlands. Zeitraum der Nichteinhaltung ‚so kurz wie möglich’. Geeignete Maßnahmen
Normenkette
Richtlinie 2008/50/EG Art. 13 Abs. 1, Art. 13 Anhang XI, Art. 23 Abs. 1; Richtlinie 2008/50/EG Anhang XV
Beteiligte
Bundesrepublik Deutschland |
Tenor
1. Die Bundesrepublik Deutschland hat
dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa in Verbindung mit deren Anhang XI verstoßen, dass seit dem 1. Januar 2010 bis einschließlich 2016 zum einen der Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) in 26 Gebieten und Ballungsräumen im deutschen Hoheitsgebiet, und zwar den Gebieten DEZBXX0001A (Ballungsraum Berlin), DEZCXX0007A (Ballungsraum Stuttgart), DEZCXX0043S (Regierungsbezirk Tübingen), DEZCXX0063S (Regierungsbezirk Stuttgart [ohne Ballungsraum]), DEZCXX0004A (Ballungsraum Freiburg), DEZCXX0041S (Regierungsbezirk Karlsruhe [ohne Ballungsräume]), DEZCXX0006A (Ballungsraum Mannheim/Heidelberg), DEZDXX0001A (Ballungsraum München), DEZDXX0003A (Ballungsraum Nürnberg/Fürth/Erlangen), DEZFXX0005S (Gebiet III Mittel- und Nordhessen), DEZFXX0001A (Ballungsraum I [Rhein-Main]), DEZFXX0002A (Ballungsraum II [Kassel]), DEZGLX0001A (Ballungsraum Hamburg), DEZJXX0015A (Grevenbroich [Rheinisches Braunkohlerevier]), DEZJXX0004A (Köln), DEZJXX0009A (Düsseldorf), DEZJXX0006A (Essen), DEZJXX0017A (Duisburg, Oberhausen, Mülheim), DEZJXX0005A (Hagen), DEZJXX0008A (Dortmund), DEZJXX0002A (Wuppertal), DEZJXX0011A (Aachen), DEZJXX0016S (urbane Bereiche und ländlicher Raum im Land Nordrhein-Westfalen), DEZKXX0006S (Mainz), DEZKXX0007S (Worms/Frankenthal/Ludwigshafen), DEZKXX0004S (Koblenz/Neuwied), und zum anderen der Stundengrenzwert für NO2 in zwei dieser Gebiete, und zwar den Ballungsräumen DEZCXX0007A (Ballungsraum Stuttgart) und DEZFXX0001A (Ballungsraum I [Rhein-Main]), systematisch und anhaltend überschritten wurde,
und
- dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50, allein und in Verbindung mit deren Anhang XV Abschnitt A, und insbesondere gegen die nach Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 dieser Richtlinie bestehende Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass die Luftqualitätspläne geeignete Maßnahmen vorsehen, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich gehalten wird, verstoßen, dass sie es unterlassen hat, ab dem 11. Juni 2010 geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um in allen diesen Gebieten die Einhaltung der Grenzwerte für NO2 zu gewährleisten.
2. Die Bundesrepublik Deutschland trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission.
3. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt seine eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 11. Oktober 2018,
Europäische Kommission, vertreten durch C. Hermes, E. Manhaeve und A. C. Becker als Bevollmächtigte,
Klägerin,
gegen
Bundesrepublik Deutschland, zunächst vertreten durch T. Henze und S. Eisenberg als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte U. Karpenstein, F. Fellenberg und K. Dingemann, dann durch J. Möller und S. Eisenberg als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte U. Karpenstein, F. Fellenberg und K. Dingemann,
Beklagte,
unterstützt durch
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch F. Shibli als Bevollmächtigten,
Streithelfer,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Kumin (Berichterstatter) sowie der Richter T. von Danwitz und P. G. Xuereb,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage begehrt die Europäische Kommission die Feststellung, dass die Bundesrepublik Deutschland
- dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. 2008, L 152, S. 1) in Verbindung mit deren Anhang XI verstoßen hat, dass zum einen der Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) seit dem 1. Januar 2010 in 26 Gebieten und Ballungsräumen im deutschen Hoheitsgebiet (im Folgenden: streitige Gebiete), und zwar den Gebieten DEZBXX0001A (Ballungsraum Berlin), DEZCXX0007A (Ballungsraum Stuttgart), DEZCXX0043S (Regierungsbezirk Tübingen), DEZCXX0063S (Regierungsbezirk Stuttgart [ohne Ballungsraum]), DEZCXX0004A (Ballungsraum Freiburg), DEZCXX0041S (Regierungsbezirk Karlsruhe [ohne Ballungsräume]), DEZCXX0006A (Ballungsraum Mannheim/Heidelberg), DEZDXX0...