Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Schutz von Tieren beim Transport. Transport herrenloser Hunde von einem Mitgliedstaat in einen anderen durch einen Tierschutzverein. Begriff ‚wirtschaftliche Tätigkeit’. Begriff des Unternehmers, der innergemeinschaftlichen Handel betreibt
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 1/2005 Art. 1 Abs. 5; Richtlinie 90/425/EWG Art. 12
Beteiligte
Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein |
Tenor
1. Der Begriff „wirtschaftliche Tätigkeit” im Sinne von Art. 1 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen sowie zur Änderung der Richtlinien 64/432/EWG und 93/119/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1255/97 ist dahin auszulegen, dass er eine Tätigkeit erfasst, die wie die im Ausgangsverfahren fragliche darin besteht, dass ein gemeinnütziger Verein herrenlose Hunde von einem Mitgliedstaat in einen anderen transportiert, um sie Personen anzuvertrauen, die sich verpflichtet haben, sie gegen Zahlung eines Betrags aufzunehmen, der grundsätzlich die dem Verein hierdurch entstandenen Kosten deckt.
2. Der Begriff des Unternehmers, der innergemeinschaftlichen Handel betreibt, im Sinne von Art. 12 der Richtlinie 90/425/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 zur Regelung der veterinärrechtlichen und tierzüchterischen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel mit lebenden Tieren und Erzeugnissen im Hinblick auf den Binnenmarkt in der durch die Richtlinie 92/60/EWG des Rates vom 30. Juni 1992 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er u. a. einen gemeinnützigen Verein erfasst, der herrenlose Hunde von einem Mitgliedstaat in einen anderen transportiert, um sie Personen anzuvertrauen, die sich verpflichtet haben, sie gegen Zahlung eines Betrags aufzunehmen, der grundsätzlich die dem Verein hierdurch entstandenen Kosten deckt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesverwaltungsgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 9. April 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Juni 2014, in dem Verfahren
Pfotenhilfe-Ungarn e. V.
gegen
Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein,
Beteiligter:
Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Dritten Kammer L. Bay Larsen in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, der Richter J. Malenovský und M. Safjan sowie der Richterinnen A. Prechal (Berichterstatterin) und K. Jürimäe,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juni 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Pfotenhilfe-Ungarn e. V., vertreten durch Rechtsanwalt K. Leondarakis,
- des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, vertreten durch Rechtsanwalt W. Ewer,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. Urbani Neri, avvocato dello Stato,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Eberhard als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch B. Eggers und H. Kranenborg als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 10. September 2015
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen sowie zur Änderung der Richtlinien 64/432/EWG und 93/119/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1255/97 (ABl. 2005, L 3, S. 1) sowie von Art. 12 der Richtlinie 90/425/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 zur Regelung der veterinärrechtlichen und tierzüchterischen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel mit lebenden Tieren und Erzeugnissen im Hinblick auf den Binnenmarkt (ABl. L 224, S. 29) in der durch die Richtlinie 92/60/EWG des Rates vom 30. Juni 1992 (ABl. L 268, S. 75) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 90/425).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Pfotenhilfe-Ungarn e. V. (im Folgenden: Pfotenhilfe-Ungarn), einem Tierschutzverein, und dem Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (im Folgenden: Ministerium) über dessen Entscheidung, auf Pfotenhilfe-Ungarn im Anschluss an einen von diesem Verein durchgeführten grenzüberschreitenden Transport von Hunden die in den nationalen Rechtsvorschriften über die Tiergesundheit vorgesehenen Anzeige- und Registrierungspflichten anzuwenden.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung Nr. 1/2005
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 2, 12 und 21 der Verordnung Nr. 1/2005 he...