Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkt. Wirksame Trennung zwischen einerseits den Elektrizitätsübertragungs- und Erdgasfernleitungsnetzen und andererseits der Erzeugung und der Versorgung. Einrichtung unabhängiger nationaler Regulierungsbehörden

 

Normenkette

Richtlinien 2009/72/EG; Richtlinien 2009/73/EG

 

Beteiligte

Kommission/ Belgien (Marchés de l'électricité et du gaz naturel)

Europäische Kommission

Königreich Belgien

 

Tenor

1. Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG sowie aus der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG verstoßen, dass es

  • den jeweiligen Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinien 2009/72 und 2009/73,
  • Art. 37 Abs. 4 Buchst. a und b der Richtlinie 2009/72 sowie Art. 41 Abs. 4 Buchst. a und b der Richtlinie 2009/73 sowie
  • Art. 37 Abs. 6 Buchst. a bis c und Abs. 9 der Richtlinie 2009/72 sowie Art. 41 Abs. 6 Buchst. a bis c und Abs. 9 der Richtlinie 2009/73

nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat.

2. Das Königreich Belgien trägt die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 17. Oktober 2019,

Europäische Kommission, vertreten durch O. Beynet und Y. G. Marinova als Bevollmächtigte,

Klägerin,

gegen

Königreich Belgien, vertreten durch L. Van den Broeck, M. Jacobs und C. Pochet als Bevollmächtigte im Beistand von G. Block, avocat,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters E. Juhász in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten sowie der Richter C. Lycourgos (Berichterstatter) und I. Jarukaitis,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. 2009, L 211, S. 55) und der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (ABl. 2009, L 211, S. 94) verstoßen hat, dass es

  • den jeweiligen Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinien 2009/72 und 2009/73,
  • Art. 37 Abs. 4 Buchst. a und b der Richtlinie 2009/72 und Art. 41 Abs. 4 Buchst. a und b der Richtlinie 2009/73,
  • Art. 37 Abs. 6 Buchst. a, b und c und Abs. 9 der Richtlinie 2009/72 sowie Art. 41 Abs. 6 Buchst. a, b und c und Abs. 9 der Richtlinie 2009/73,
  • Art. 37 Abs. 10 der Richtlinie 2009/72 und Art. 41 Abs. 10 der Richtlinie 2009/73

nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 2

In den Erwägungsgründen 9, 11, 34, 37 und 61 der Richtlinie 2009/72 heißt es:

„(9) Ohne eine wirksame Trennung des Netzbetriebs von der Erzeugung und Versorgung (‚wirksame Entflechtung’) besteht zwangsläufig die Gefahr einer Diskriminierung nicht nur in der Ausübung des Netzgeschäfts, sondern auch in Bezug auf die Schaffung von Anreizen für vertikal integrierte Unternehmen, ausreichend in ihre Netze zu investieren.

(11) Nur durch Beseitigung der für vertikal integrierte Unternehmen bestehenden Anreize, Wettbewerber bei Netzzugang und Investitionen zu diskriminieren, kann eine wirksame Entflechtung gewährleistet werden. Eine eigentumsrechtliche Entflechtung, die darin besteht, dass der Netzeigentümer als Netzbetreiber benannt wird und von Versorgungs- und Erzeugungsinteressen unabhängig ist, ist zweifellos ein einfacher und stabiler Weg, um den inhärenten Interessenkonflikt zu lösen und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Daher bezeichnete das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 10. Juli 2007 zu den Aussichten für den Erdgas- und den Elektrizitätsbinnenmarkt [2007/2089(INI) (ABl. 2008, C 175 E, S. 206)] eine eigentumsrechtliche Entflechtung der Übertragungs- und Fernleitungsnetze als das wirksamste Instrument, um in nichtdiskriminierender Weise Investitionen in die Infrastrukturen, einen fairen Netzzugang für neue Anbieter und Transparenz des Marktes zu fördern. Im Rahmen der eigentumsrechtlichen Entflechtung sollten die Mitgliedstaaten daher dazu verpflichtet werden, zu gewährleisten, dass nicht ein und dieselbe(n) Person(en) die Kontrolle über ein Erzeugungs- bzw. Gewinnungs- oder Versorgungsunternehmen ausüben kann (können) und gleichzeitig die Kontrolle über oder Rech...

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