Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Staatliche Beihilfe. Vertrag zwischen Ungarn und der Erdöl- und Gasgesellschaft MOL über Schürfgebühren in Zusammenhang mit der Gewinnung von Kohlenwasserstoffen. Nachträgliche Änderung der gesetzlichen Regelung betreffend die Erhöhung des Schürfgebührensatzes. Nicht auf MOL angewandte Erhöhung. Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird. Selektiver Charakter

 

Beteiligte

Kommission / MOL

Europäische Kommission

MOL Magyar Olaj- és Gázipari Nyrt

 

Tenor

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Europäische Kommission trägt die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 15. Januar 2014,

Europäische Kommission, vertreten durch L. Flynn und K. Talabér-Ritz als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

andere Partei des Verfahrens:

MOL Magyar Olaj- és Gázipari Nyrt. mit Sitz in Budapest (Ungarn), vertreten durch Rechtsanwältin N. Niejahr und F. Carlin, Barrister,

Kläger im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter S. Rodin, A. Borg Barthet, der Richterin M. Berger und des Richters F. Biltgen (Berichterstatter),

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2014,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. Januar 2015

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union, MOL/Kommission (T-499/10, EU:T:2013:592, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht den Beschluss 2011/88/EU der Kommission vom 9. Juni 2010 über die staatliche Beihilfe C 1/09 (ex NN 69/08) Ungarns zugunsten der MOL Nyrt. für nichtig erklärt hat (ABl. 2011, L 34, S. 55, im Folgenden: streitiger Beschluss).

Rechtlicher Rahmen

Rz. 2

In Ungarn sind sämtliche Bergbautätigkeiten, u. a. im Zusammenhang mit Kohlenwasserstoffen, durch das Gesetz XLVIII von 1993 über den Bergbau (1993. évi XLVIII. törvény a bányászatról, im Folgenden: Bergbaugesetz) geregelt. Nach diesem Gesetz werden die Regulierungsfunktionen von dem für Bergbau zuständigen Minister und der Bergbauaufsicht, welche die Bergbautätigkeiten überwacht, wahrgenommen.

Rz. 3

Erschließung und Abbau von Bodenschätzen können nach dem Bergbaugesetz auf der Grundlage von zwei verschiedenen gesetzlichen Regelungen durchgeführt werden. Die §§ 8 bis 19 des Bergbaugesetzes sehen für als „geschlossen” eingestufte Gebiete eine Konzessionsregelung vor, wonach die Konzession nach Durchführung einer Ausschreibung für jedes geschlossene Gebiet auf der Grundlage eines Vertrags, der zwischen dem Bergbauminister und dem erfolgreich aus der Ausschreibung hervorgegangenen Unternehmen zu schließen ist, vergeben wird. Dagegen können Gebiete, die als „offen” eingestuft werden und a priori weniger reich an Bodenschätzen sind, auf der Grundlage einer Genehmigung, die von der Bergbauaufsicht erteilt wird, für den Bergbau genutzt werden, sofern der Antragsteller die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt.

Rz. 4

§ 20 des Bergbaugesetzes enthält die Bestimmungen, nach denen die dem Staat zu entrichtenden Schürfgebühren festgelegt werden. Nach § 20 Abs. 11 dieses Gesetzes beläuft sich die Schürfgebühr auf einen Prozentsatz, der im Gesetz oder gegebenenfalls im Konzessionsvertrag bzw. in dem nach § 26/A Abs. 5 des Bergbaugesetzes geschlossenen Vertrag festgelegt ist. Nach § 20 Abs. 2 bis 7 dieses Gesetzes wird die Höhe der Schürfgebühr im Bergbaugesetz festgelegt, wenn der Abbau der Rohstoffe aufgrund einer Genehmigung erfolgt.

Rz. 5

Bis zum Jahr 2008 belief sich die Schürfgebühr, die im Rahmen einer Genehmigung für die Gewinnung von Kohlenwasserstoffen, Rohöl und Erdgas zu zahlen war, für Grubenfelder, die ab dem 1. Januar 1998 in Betrieb gesetzt wurden, auf 12 % des Wertes der geförderten Mengen und für Grubenfelder, die vor dem 1. Januar 1998 in Betrieb gesetzt wurden, auf einen Prozentsatz, der sich aus der Anwendung einer mathematischen Formel ergab, die den Durchschnittspreis des von den öffentlichen Gaswerken eingekauften Erdgases berücksichtigte, und mindestens 12 % betrug.

Rz. 6

Nach § 26/A Abs. 5 des Bergbaugesetzes kann ein Bergbauunternehmen, das auf der Grundlage einer Genehmigung – d. h. in Grubenfeldern, die sich in offenen Gebieten befinden – tätig ist und nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Datum der Genehmigung mit dem Abbau begonnen hat, ein einziges Mal eine Verlängerung dieser Frist für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren bei der Bergbauaufsicht beantragen. Falls die Bergbauaufsicht eine Verlängerung gewährt, werden in einem Vertrag zwischen dem Bergbauminister und dem Bergbauunternehmen für die von der Verlängerung betroffenen Grubenfelder die Menge der Rohstoffe, die als Grundlage...

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