Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Unterhaltssachen. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Für vollstreckbar erklärter Unterhaltstitel. Vollstreckungsabwehrantrag. Zuständigkeit der Gerichte des Vollstreckungsmitgliedstaats

 

Normenkette

EGV 4/2009 Art. 41 Abs. 1; Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 – Art. 24 Abs. 5

 

Beteiligte

FX

FX

GZ

 

Tenor

Die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen ist dahin auszulegen, dass ein vom Schuldner eines Unterhaltsanspruchs gestellter Vollstreckungsabwehrantrag, der gegen die Vollstreckung einer Entscheidung eines Gerichts des Ursprungsmitgliedstaats gerichtet ist, mit der dieser Anspruch festgestellt worden ist, und der eng mit dem Vollstreckungsverfahren zusammenhängt, in ihren Anwendungsbereich und in die internationale Zuständigkeit der Gerichte des Vollstreckungsmitgliedstaats fällt.

Es ist gemäß Art. 41 Abs. 1 der Verordnung Nr. 4/2009 und den einschlägigen Bestimmungen des nationalen Rechts Sache des vorlegenden Gerichts als Gericht des Vollstreckungsmitgliedstaats, über die Zulässigkeit und die Stichhaltigkeit der Beweise zu entscheiden, die der Schuldner des Unterhaltsanspruchs zur Stützung der Behauptung vorgelegt hat, dass er seine Schuld größtenteils beglichen habe.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Amtsgericht Köln (Deutschland) mit Entscheidung vom 14. Januar 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Januar 2019, in dem Verfahren

FX

gegen

GZ, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richterin L. S. Rossi (Berichterstatterin) sowie der Richter J. Malenovský, F. Biltgen und N. Wahl,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: M. Krausenböck, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. November 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von FX, vertreten durch Rechtsanwalt H. W. Junker,
  • von GZ, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, B.,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller, M. Hellmann und U. Bartl als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, R. Stańczyk und S. Żyrek als Bevollmächtigte,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, P. Barros da Costa, L. Medeiros und S. Duarte Afonso als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wilderspin und M. Heller als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. Februar 2020

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung zum einen der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen (ABl. 2009, L 7, S. 1) und zum anderen von Art. 24 Abs. 5 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen FX, wohnhaft in Deutschland, und seiner minderjährigen Tochter GZ, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter und wohnhaft in Polen, über die Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts für die Entscheidung über den Vollstreckungsabwehrantrag, den FX gegen die Vollstreckung der Unterhaltsforderung, deren Schuldner er ist, gestellt hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Verordnung Nr. 4/2009

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 9 bis 11, 30 und 44 der Verordnung Nr. 4/2009 lauten:

„(9) Es sollte einem Unterhaltsberechtigten ohne Umstände möglich sein, in einem Mitgliedstaat eine Entscheidung zu erwirken, die automatisch in einem anderen Mitgliedstaat ohne weitere Formalitäten vollstreckbar ist.

(10) Um dieses Ziel zu erreichen, sollte ein gemeinschaftliches Rechtsinstrument betreffend Unterhaltssachen geschaffen werden, in dem die Bestimmungen über Kompetenzkonflikte, Kollisionsnormen, die Anerkennung, Vollstreckbarkeit und die Vollstreckung von Entscheidungen sowie über Prozesskostenhilfe und die Zusammenarbeit zwischen den Zentralen Behörden zusammengeführt werden.

(11) Der Anwendungsbereich dieser Verordnung sollte sich auf sämtliche Unterhaltspflichten erstrecken, die auf einem Familien-, Verwandtschafts-, oder eherechtlichen Verhältnis oder auf Schwägerschaft beruhen; hierdurch soll die Gleichbehandlung aller Unterhaltsberechtigten gewährleistet werden. Für die Zwecke dieser Verordnung sollte der Begriff ‚Unterhaltspflicht’ autonom ausgelegt werden.

(30) Um die Vollstreckung einer Entscheidung eines durch das … Protokoll [über das auf Unterh...

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