Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Begriffe ‚Gewerbetreibender’ und ‚Geschäftspraktiken’
Normenkette
Richtlinie 2005/29/EG Art. 2 Buchst. b, d; Richtlinie 2011/83/EU Art. 2 Nr. 2
Beteiligte
Komisia za zashtita na potrebitelite |
Tenor
Art. 2 Buchst. b und d der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) und Art. 2 Nr. 2 derRichtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sind dahin auszulegen, dass eine natürliche Person wie die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die gleichzeitig eine Reihe von Anzeigen, in denen neue und gebrauchte Waren zum Verkauf angeboten werden, auf einer Website veröffentlicht, nur dann als „Gewerbetreibender” bzw. „Unternehmer” einzustufen ist und eine solche Tätigkeit nur dann eine „Geschäftspraxis” darstellt, wenn diese Person im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt; dies anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Administrativen sad – Varna (Verwaltungsgericht Varna, Bulgarien), mit Entscheidung vom 16. Februar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Februar 2017, in dem Verfahren
Komisia za zashtita na potrebitelite
gegen
Evelina Kamenova,
Beteiligte:
Okrazhna prokuratura – Varna,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça sowie der Richter E. Levits und A. Borg Barthet (Berichterstatter), der Richterin M. Berger und des Richters F. Biltgen,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze, M. Hellmann und J. Techert als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Cleenewerck de Crayencour, Y. G. Marinova und G. Goddin sowie N. Ruiz García als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 31. Mai 2018
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Buchst. b und d der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. 2005, L 149, S. 22).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Evelina Kamenova und der Komisia za zashtita na potrebitelite (Kommission für Verbraucherschutz, Bulgarien) (im Folgenden: KfV) wegen eines von dieser erlassenen Bescheids, mit dem gegen Frau Kamenova Geldbußen verhängt wurden, weil sie es unterlassen haben soll, Verbrauchern anlässlich von auf einer Online-Plattform veröffentlichten Angeboten zum Verkauf von Waren Auskünfte zu erteilen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 2005/29
Rz. 3
Art. 2 der Richtlinie 2005/29 bestimmt:
„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
a) ‚Verbraucher’ jede natürliche Person, die im Geschäftsverkehr im Sinne dieser Richtlinie zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können;
b) ‚Gewerbetreibender’ jede natürliche oder juristische Person, die im Geschäftsverkehr im Sinne dieser Richtlinie im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag des Gewerbetreibenden handelt;
…
d) ‚Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern’ … jede Handlung, Unterlassung, Verhaltensweise oder Erklärung, kommerzielle Mitteilung einschließlich Werbung und Marketing eines Gewerbetreibenden, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an Verbraucher zusammenhängt;
…”
Rz. 4
Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:
„Diese Richtlinie gilt für unlautere Geschäftspraktiken im Sinne des Artikels 5 zwischen Unternehmen und Verbrauche...