Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesellschaftsrecht – Jahresabschlüsse – Bei unterbliebener Offenlegung vorgesehene Maßregeln – Artikel 6 der Ersten Richtlinie –
Beteiligte
Verband deutscher Daihatsu-Händler e. V |
Daihatsu Deutschland GmbH |
Tenor
1) Artikel 6 der Ersten Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ist dahin auszulegen, daß er den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegensteht, die nur den Gesellschaftern, den Gläubigern und dem Gesamtbetriebsrat bzw. dem Betriebsrat der Gesellschaft das Recht einräumen, die Verhängung der Maßregel zu beantragen, die das nationale Recht für den Fall vorsieht, daß eine Gesellschaft den durch die Erste Richtlinie 68/151 aufgestellten Pflichten auf dem Gebiet der Offenlegung des Jahresabschlusses nicht nachkommt.
2) Da eine Richtlinie nicht selbst Verpflichtungen für einen einzelnen begründen kann, so daß ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist, braucht nicht geprüft zu werden, ob Artikel 6 der Ersten Richtlinie 68/151 unmittelbare Wirkung entfaltet.
Gründe
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)
4. Dezember 1997
In der Rechtssache C-97/96
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom Oberlandesgericht Düsseldorf (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Verband deutscher Daihatsu-Händler e. V.
gegen
Daihatsu Deutschland GmbH
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Artikels 6 der Ersten Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. L 65, S. 8),
erläßt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann sowie der Richter M. Wathelet (Berichterstatter), J. C. Moitinho de Almeida, D. A. O. Edward und J. -P. Puissochet,
Generalanwalt: G. Cosmas
Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
der deutschen Regierung, vertreten durch Ministerialrat Ernst Röder, Bundesministerium für Wirtschaft, und Regierungsdirektor A. Dittrich, Bundesministerium der Justiz, als Bevollmächtigte,
der spanischen Regierung, vertreten durch Abogado del Estado L. Pérez de Ayala Becerril als Bevollmächtigten,
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch die Rechtsberater Antonio Caeiro und Jürgen Grunwald als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der deutschen Regierung, vertreten durch A. Dittrich, der spanischen Regierung, vertreten durch L. Pérez de Ayala Becerril, der französischen Regierung, vertreten durch G. Mignot, Sekretär für Auswärtige Angelegenheiten in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, und der Kommission, vertreten durch J. Grunwald, in der Sitzung vom 12. Juni 1997,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. Juli 1997,
folgendes
Urteil
1. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit Beschluß vom 22. November 1995, beim Gerichtshof eingegangen am 26. März 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung des Artikels 6 der Ersten Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. L 65, S. 8; im folgenden: Erste Richtlinie), zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2. Diese Frage stellt sich in einem vom Verband deutscher Daihatsu-Händler e. V. beim Amtsgericht – Registergericht – eingeleiteten Verfahren. Der Verband stellte beim Amtsgericht Kempen den Antrag, der Daihatsu Deutschland GmbH, der deutschen Generalimporteurin für Daihatsu-Fahrzeuge, unter Androhung von Zwangsmaßnahmen aufzugeben, ihre Jahresbilanzen vorzulegen, die seit 1989 nicht mehr offengelegt wurden.
3. Dieser Antrag wurde vom Amtsgericht Kempen mit Entscheidung vom 24. Oktober 1994 abgelehnt; mit Beschluß vom 13. Dezember 1994 bestätigte das Landgericht Krefeld diese Entscheidung.
4. Das Landgericht stützte sich, wie schon das Amtsgericht, auf § 335 Satz 1 Nummer 6 in Verbindung mit Satz 2 des deutschen Handelsgesetzbuchs, wonach ein Verfahren mit Zwangsmaßnahmen nur auf Antrag eines Gesellschafters, eines Gläubigers oder des Betriebsrats der Gesellschaft eingeleitet werden kann. Der Antragsteller des Ausgangsverfahrens gehört jedoch zu keiner dieser Personengruppen.
5. Das vom Verband im Wege der Beschwerde angerufene Oberlandesgericht Düss...