Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Charta der Grundrechte der Europäischen Union. EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge. Nationale Regelung, die einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit einer Probezeit von einem Jahr vorsieht. Durchführung des Unionsrechts. Fehlen. Unzuständigkeit des Gerichtshofs

 

Beteiligte

Nisttahuz Poclava

Grima Janet Nisttahuz Poclava

Jose María Ariza Toledano

 

Tenor

Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für die Beantwortung der vom Juzgado de lo Social n° 23 de Madrid (Spanien) mit Entscheidung vom 4. März 2014 zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen nicht zuständig.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Social n° 23 de Madrid (Spanien) mit Entscheidung vom 4. März 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 11. März 2014, in dem Verfahren

Grima Janet Nisttahuz Poclava

gegen

Jose María Ariza Toledano

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Vajda sowie der Richter A. Rosas (Berichterstatter) und E. Juhász,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der spanischen Regierung, vertreten durch A. Rubio González als Bevollmächtigten,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Enegren und R. Vidal Puig als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 30 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. L 175, S. 43).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Nisttahuz Poclava und ihrem Arbeitgeber, Herrn Ariza Toledano, über die Entlassung von Frau Nisttahuz Poclava.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In Art. 30 der Charta ist der „Schutz bei ungerechtfertigter Entlassung” wie folgt verankert:

„Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung.”

Rz. 4

Nach Art. 1 der Richtlinie 1999/70 „[soll mit] dieser Richtlinie … die zwischen den allgemeinen branchenübergreifenden Organisationen (EGB, UNICE und CEEP) geschlossene Rahmenvereinbarung vom 18. März 1999 über befristete Arbeitsverträge, die im Anhang enthalten ist, durchgeführt werden”.

Rz. 5

Der Anhang der Richtlinie 1999/70 enthält die EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (im Folgenden: Rahmenvereinbarung). Paragraf 1 der Rahmenvereinbarung lautet:

„Diese Rahmenvereinbarung soll:

  1. durch Anwendung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse verbessern;
  2. einen Rahmen schaffen, der den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse verhindert.”

Rz. 6

Paragraf 2 („Anwendungsbereich”) der Rahmenvereinbarung sieht in Nr. 1 vor:

„Diese Vereinbarung gilt für befristet beschäftigte Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag oder -verhältnis gemäß der gesetzlich, tarifvertraglich oder nach den Gepflogenheiten in jedem Mitgliedstaat geltenden Definition.”

Rz. 7

Paragraf 3 („Definitionen”) der Rahmenvereinbarung bestimmt:

„Im Sinne dieser Vereinbarung ist:

1. ‚befristet beschäftigter Arbeitnehmer’ eine Person mit einem direkt zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsvertrag oder -verhältnis, dessen Ende durch objektive Bedingungen wie das Erreichen eines bestimmten Datums, die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe oder das Eintreten eines bestimmten Ereignisses bestimmt wird.

…”

Rz. 8

Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung, der „Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch” betrifft, lautet:

  1. „Um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zu vermeiden, ergreifen die Mitgliedstaaten nach der gesetzlich oder tarifvertraglich vorgeschriebenen oder in dem Mitgliedstaat üblichen Anhörung der Sozialpartner und/oder die Sozialpartner, wenn keine gleichwertigen gesetzlichen Maßnahmen zur Missbrauchsverhinderung bestehen, unter Berücksichtigung der Anforderungen bestimmter Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen:

    1. sachliche Gründe, die die Verlängerung solcher Verträge oder Verhältnisse rechtfertigen;
    2. die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder -verhältnisse;
    3. die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge oder Verhältnisse.
  2. Die Mitgliedstaaten, nach Anhörung der Sozialpartner, und/oder die Sozialpartner legen gegebenenfalls fest, unter welchen Bedingungen befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverh...

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