Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH). An die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) zu entrichtende Gebühren und Entgelte. Gebühr für die Registrierung eines Stoffes. Ermäßigung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Überprüfung der Angaben zur Größe des betreffenden Unternehmens durch die ECHA. Versäumnis, bestimmte Informationen fristgerecht zu übermitteln. Entscheidung der ECHA, mit der die Zahlung der vollen betreffenden Gebühr gefordert und ein Verwaltungsentgelt festgesetzt wird. Zwangsvollstreckung. Möglichkeit für die ECHA, bei einem nationalen Gericht Klage auf Zahlung dieses Verwaltungsentgelts zu erheben
Normenkette
AEUV Art. 299; Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 Art. 94 Abs. 1; Verordnung (EG) Nr. 340/2008 Art. 11 Abs. 3 Unterabs. 2, Art. 13 Abs. 4 Unterabs. 3
Beteiligte
Europäische Chemikalienagentur (ECHA) |
Hallertauer Hopfenveredelungsges. m.b.H. |
Tenor
1.Art. 94 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 geänderten Fassung
ist dahin auszulegen, dass
die Unionsgerichte von der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) nicht mit einer Klage auf Erfüllung einer finanziellen Verpflichtung befasst werden können, die einer Person in einer Entscheidung dieser Agentur auferlegt worden ist.
2.Art. 299 Abs. 1 AEUV
ist dahin auszulegen, dass
eine Entscheidung der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), mit der einer Person im Zusammenhang mit der Registrierung eines chemischen Stoffes durch diese Agentur eine Zahlung auferlegt wird, kein vollstreckbarer Titel im Sinne dieser Bestimmung ist.
3.Art. 11 Abs. 3 Unterabs. 2 in Verbindung mit Art. 13 Abs. 4 Unterabs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 340/2008 der Kommission vom 16. April 2008 über die an die Europäische Chemikalienagentur zu entrichtenden Gebühren und Entgelte gemäß der Verordnung Nr. 1907/2006
ist dahin auszulegen, dass
diese Bestimmungen es in einem Fall, in dem die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) feststellt, dass die volle Gebühr und ein Verwaltungsentgelt geschuldet sind, weil die betroffene Person, die einen Anspruch auf Gebührenermäßigung geltend gemacht hat, ihre Anspruchsberechtigung nicht fristgerecht belegen kann, nicht ausschließen, dass diese Agentur der Union eine auf Beitreibung des betreffenden Verwaltungsentgelts gerichtete Leistungsklage vor den nationalen Gerichten erhebt, wenn dieses Entgelt nicht fristgerecht gezahlt worden ist.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen C-256/23 und C-290/23
betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg (Deutschland) (C-256/23) und vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (Deutschland) (C-290/23) mit Entscheidungen vom 11. bzw. 6. April 2023, beim Gerichtshof eingegangen am 20. April bzw. 8. Mai 2023, in den Verfahren
Europäische Chemikalienagentur (ECHA)
gegen
Hallertauer Hopfenveredelungsges. m.b.H.,
Beteiligte:
Regierung von Niederbayern(C-256/23),
und
Europäische Chemikalienagentur (ECHA)
gegen
B. GmbH(C-290/23)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal (Berichterstatterin), der Richter F. Biltgen, N. Wahl und J. Passer sowie der Richterin M. L. Arastey Sahún,
Generalanwältin: T. Ćapeta,
Kanzler: S. Spyropoulos, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2024,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), vertreten durch F. Becker und M. Heikkilä als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt
- H. Tammert,
- – der Hallertauer Hopfenveredelungsges. m.b.H., vertreten durch Rechtsanwältin K. Lüdtke,
- – der griechischen Regierung, vertreten durch V. Baroutas und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,
- – der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- – der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Erlbacher, J. Flett, P. Ortega Sánchez de Lerín und S. Romoli als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 6. Juni 2024
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 299 AEUV, von Art. 94 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung che...