Entscheidungsstichwort (Thema)

Genetisch veränderte Lebensmittel. Verordnung (EG) Nr. 1829/2003. Art. 2 bis 4 und 12. Richtlinie 2001/18/EG. Art. 2. Richtlinie 2000/13/EG. Art. 6. Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Imkereiprodukte. Eintrag von Pollen aus genetisch veränderten Pflanzen. Folgen. Inverkehrbringen. Begriffe ‚Organismus’ und ‚Lebensmittel, die Zutaten enthalten, die aus genetisch veränderten Organismen hergestellt werden’

 

Beteiligte

Bablok u.a

Karl Heinz Bablok

Stefan Egeter

Josef Stegmeier

Karlhans Müller

Barbara Klimesch

Freistaat Bayern

 

Tenor

1. Der Begriff des genetisch veränderten Organismus im Sinne von Art. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel ist so auszulegen, dass ein Stoff wie der Pollen einer genetisch veränderten Maissorte, der seine Fortpflanzungsfähigkeit verloren hat und in keiner Weise fähig ist, in ihm enthaltenes genetisches Material zu übertragen, nicht mehr von diesem Begriff erfasst wird.

2. Art. 2 Nrn. 1, 10 und 13 sowie Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003, Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit und Art. 6 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür sind so auszulegen, dass dann, wenn ein Stoff wie Pollen, der genetisch veränderte DNA und genetisch veränderte Proteine enthält, nicht als genetisch veränderter Organismus angesehen werden kann, Produkte wie Honig und Nahrungsergänzungsmittel, die einen solchen Stoff enthalten, „Lebensmittel, die … Zutaten enthalten, die aus GVO hergestellt werden”, im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1829/2003 darstellen. Diese Einstufung kann unabhängig davon erfolgen, ob der fragliche Stoff absichtlich hinzugefügt oder zufällig eingetragen wurde.

3. Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 sind so auszulegen, dass, soweit sie eine Pflicht zur Zulassung und Überwachung eines Lebensmittels implizieren, auf diese Pflicht eine Toleranzschwelle, wie sie in Bezug auf die Kennzeichnung in Art. 12 Abs. 2 dieser Verordnung vorgesehen ist, nicht entsprechend angewandt werden kann.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 26. Oktober 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 13. November 2009, in dem Verfahren

Karl Heinz Bablok,

Stefan Egeter,

Josef Stegmeier,

Karlhans Müller,

Barbara Klimesch

gegen

Freistaat Bayern,

Beigeladene:

Monsanto Technology LLC,

Monsanto Agrar Deutschland GmbH,

Monsanto Europe SA/NV,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts, J.-C. Bonichot und J.-J. Kasel, der Richter G. Arestis, A. Borg Barthet, M. Ilešič, J. Malenovský und L. Bay Larsen (Berichterstatter), der Richterin C. Toader und des Richters M. Safjan,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Bablok, Herrn Egeter, Herrn Stegmeier, Herrn Müller und Frau Klimesch, vertreten durch Rechtsanwälte A. Willand und G. Buchholz,
  • der Monsanto Technology LLC, der Monsanto Agrar Deutschland GmbH und der Monsanto Europe SA/NV, vertreten durch Rechtsanwälte M. Kaufmann, J. Dietrich und P. Brodbeck,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch I. Chalkias und K. Marinou als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch M. Szpunar als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Pignataro-Nolin und B. Schima als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. Februar 2011

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Nrn. 5 und 10, Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel (ABl. L 268, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen den Imkern Bablok, Egeter, Stegmeier, Müller und Klimesch und dem Freistaat Bayern, unterstützt durch die Monsanto Technology LLC, die Monsanto Agrar Deutschland GmbH und die Monsanto Europe SA/NV (im Folgenden: Monsanto Technology, Monsanto Agrar Deutschland und Monsanto Europe oder zusammen Monsanto), über den Eintrag von P...

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