Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Richtlinie 2002/22/EG (Universaldienstrichtlinie). Elektronische Kommunikation. Netze und Dienste. Art. 12. Berechnung der Kosten der Universaldienstverpflichtungen. Soziale Komponente des Universaldienstes. Art. 13. Finanzierung der Universaldienstverpflichtungen. Bestimmung unzumutbarer Belastungen

 

Beteiligte

Kommission / Belgien

Europäische Kommission

Königreich Belgien

 

Tenor

1. Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) verstoßen, dass es

  • zum einen in die Prüfung der Nettokosten für die Bereitstellung der sozialen Komponente des Universaldienstes die Marktvorteile, einschließlich der immateriellen Vorteile, die den mit der Bereitstellung dieses Dienstes betrauten Unternehmen entstehen, nicht einbezogen hat und
  • zum anderen allgemein und auf der Grundlage der Berechnung der Nettokosten desjenigen Erbringers des Universaldienstes, der zuvor der einzige Erbringer dieses Dienstes war, festgestellt hat, dass alle Unternehmen, die nunmehr diesen Dienst bereitzustellen haben, aufgrund dessen tatsächlich einer unzumutbaren Belastung ausgesetzt sind, ohne die Nettokosten, die die Bereitstellung des Universaldienstes für jeden betroffenen Betreiber bedeutet, und alle ihm eigenen Merkmale wie den Stand seiner Einrichtungen oder seine wirtschaftliche und finanzielle Situation gesondert zu prüfen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Das Königreich Belgien trägt zwei Drittel der Kosten. Die Europäische Kommission trägt ein Drittel der Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 22. Mai 2008,

Europäische Kommission, vertreten durch H. van Vliet und A. Nijenhuis als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Königreich Belgien, vertreten durch T. Materne und M. Jacobs als Bevollmächtigte im Beistand von S. Depré, avocat,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot (Berichterstatter), der Richterin C. Toader sowie der Richter K. Schiemann, P. Kūris und L. Bay Larsen,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2010,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. Juni 2010

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beim Gerichtshof, festzustellen, dass das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. L 108, S. 51) und aus Art. 249 EG verstoßen hat, dass es Art. 12 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 und Anhang IV Teil A dieser Richtlinie nicht vollständig umgesetzt hat.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Die Richtlinie 2002/22

Rz. 2

Im vierten Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/22 heißt es, dass „[z]u der Gewährleistung des Universaldienstes (d. h. der Bereitstellung eines festgelegten Mindestangebots an Diensten für alle Endnutzer zu einem erschwinglichen Preis) … auch die Bereitstellung von einigen Diensten für bestimmte Endnutzer zu Preisen gehören [kann], die von denen, die sich aus den üblichen Marktbedingungen ergeben, abweichen. Die Entschädigung der Unternehmen, die für die Bereitstellung solcher Dienste unter diesen Voraussetzungen benannt werden, müssen jedoch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen, sofern die benannten Unternehmen für die entstandenen spezifischen Nettokosten entschädigt werden und sofern die Nettokostenbelastung wettbewerbsneutral angelastet wird”.

Rz. 3

Im 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/22 heißt es:

„Die Mitgliedstaaten sollten bei Bedarf Verfahren für die Finanzierung der Nettokosten von Universaldienstverpflichtungen in den Fällen einrichten, in denen nachgewiesen wird, dass die Verpflichtungen nur mit Verlust oder zu Nettokosten, die außerhalb der üblichen geschäftlichen Standards liegen, erfüllt werden können. …”

Rz. 4

Der 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/22 lautet:

„Stellt eine Universaldienstverpflichtung eine unzumutbare Belastung für ein Unternehmen dar, so sollten die Mitgliedstaaten Mechanismen zur effektiven Anlastung der Nettokosten festlegen können. …”

Rz. 5

Art. 3 („Verfügbarkeit des Universaldienstes”) der Richtlinie 2002/22 lautet:

„(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in diesem Kapitel beschriebenen Dienste mit der angegebenen Qualität allen Endnutzern in ihrem Hoheitsgebiet, unabhängig von ihrem geografischen Standort und, unter Berücksichtigung der landesspe...

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