Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgabe gleicher Wirkung, Ein- und Ausfuhrzoll, Ausfuhr von elektrischem Strom, Sonderabgabe auf Stromausfuhr

 

Leitsatz (amtlich)

Die Art. 28 und 30 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die eine finanzielle Belastung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende vorsieht, die den in einen anderen Mitgliedstaat oder in einen Drittstaat ausgeführten elektrischen Strom nur dann trifft, wenn der elektrische Strom im Inland erzeugt worden ist.

 

Normenkette

AEUV Art. 30, 28

 

Beteiligte

FENS

FENS spol. s r. o

Slovenská republika – Úrad pre reguláciu sietových odvetví

 

Verfahrensgang

Okresný súd Bratislava II (Slowakische Republik) (Beschluss vom 28.02.2017; Abl. EU 2017, Nr. C 269/7)

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Okresný súd Bratislava II (Bezirksgericht Bratislava II, Slowakei) mit Entscheidung vom 28. Februar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Mai 2017, in dem Verfahren

FENS spol. s r. o.

gegen

Slovenská republika – úrad pre reguláciu sietových odvetví,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Siebten Kammer T. von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, der Richterin K. Jürimäe sowie der Richter C. Lycourgos, E. Juhász (Berichterstatter) und C. Vajda,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. April 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der FENS spol. s r. o., vertreten durch A. Čižmáriková, advokátka,
  • der slowakischen Regierung, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman und J. Langer als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wasmeier und A. Tokár als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 5. Juli 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 28 und 30 AEUV.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der FENS spol. s r.o., einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in der Slowakei, und der durch den Úrad pre reguláciu sietových odvetví (Regulierungsbehörde für netzgebundene Wirtschaftszweige, im Folgenden: ÚRSO) vertretenen Slovenská republika (Slowakische Republik) betreffend die Abgabe auf die Erbringung von Dienstleistungen der Elektrizitätsübertragung, deren Zahlung der ÚRSO von der Rechtsvorgängerin von FENS verlangt hatte.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 28 Abs. 1 AEUV bestimmt:

„Die Union umfasst eine Zollunion, die sich auf den gesamten Warenaustausch erstreckt; sie umfasst das Verbot, zwischen den Mitgliedstaaten Ein- und Ausfuhrzölle und Abgaben gleicher Wirkung zu erheben, sowie die Einführung eines Gemeinsamen Zolltarifs gegenüber dritten Ländern.”

Rz. 4

Art. 30 AEUV lautet:

„Ein- und Ausfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Dieses Verbot gilt auch für Finanzzölle.”

Rz. 5

Die Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG (ABl. 2003, L 176, S. 37) enthält Art. 11, der die Überschrift „Inanspruchnahme und Ausgleich von Kapazitäten” trägt und dessen Abs. 7 vorsieht:

„Die von den Übertragungsnetzbetreibern festgelegten Ausgleichsregelungen für das Elektrizitätsnetz müssen objektiv, transparent und nichtdiskriminierend sein, einschließlich der Regelungen über die von den Netzbenutzern für Energieungleichgewichte zu zahlenden Entgelte. Die Bedingungen für die Erbringung dieser Leistungen durch die Übertragungsnetzbetreiber einschließlich Regelungen und Tarife werden gemäß einem mit Artikel 23 Absatz 2 zu vereinbarenden Verfahren in nichtdiskriminierender Weise und kostenorientiert festgelegt und veröffentlicht.”

Rz. 6

Die Richtlinie 2005/89/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Januar 2006 über Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung und von Infrastrukturinvestitionen (ABl. 2006, L 33, S. 22) bestimmt in ihrem Art. 1 „Anwendungsbereich”):

„(1) In dieser Richtlinie werden Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung festgelegt, um das ordnungsgemäße Funktionieren des Elektrizitätsbinnenmarktes sicherzustellen sowie

  1. einen angemessenen Umfang an Erzeugungskapazität,
  2. ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage,
  3. einen angemessenen Grad der Zusammenschaltung zwischen Mitgliedstaaten zum Zwecke der Entwicklung des Binnenmarktes.

(2) Die Richtlinie gibt einen Rahmen vor, in dem die Mitgliedstaaten transparente, stabile und diskriminierungsfreie Politiken für die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung erstellen, die mit den Erfordernissen eines wettbewerbsorientierten Elektrizitätsbinnenmarktes verein...

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