Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsangleichung. Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge Richtlinie 92/50. Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter. Teilnahme von Bietern, die von öffentlichen Auftraggebern Zuwendungen erhalten, die es ihnen ermöglichen, zu Preisen anzubieten, die unter denen ihrer Mitbewerber liegen. Keine versteckte Diskriminierung (EG-Vertrag, Artikel 59 (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG); Richtlinie 92/50 des Rates)

 

Leitsatz (amtlich)

Der in der Richtlinie 92/50 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge enthaltene Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter ist nicht schon dadurch verletzt, dass ein öffentlicher Auftraggeber zu einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge Einrichtungen zulässt, die entweder von ihm selbst oder von anderen öffentlichen Auftraggebern Zuwendungen gleich welcher Art erhalten, die es ihnen ermöglichen, zu Preisen anzubieten, die erheblich unter denen ihrer Mitbewerber liegen, die keine solche Zuwendungen erhalten.

Die Tatsache allein, dass ein öffentlicher Auftraggeber solche Einrichtungen zu einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge zulässt, stellt weder eine versteckte Diskriminierung noch eine mit Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) unvereinbare Beschränkung dar.

(vgl. Randnrn. 32, 38, Tenor 1 –)

 

Normenkette

Richtlinie 92/50/EWG; EG-Vertrag Art. 59; EG Art. 49

 

Beteiligte

ARGE

ARGE Gewässerschutz

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft

 

Tenor

1. Der in der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge enthaltene Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter ist nicht schon dadurch verletzt, dass ein öffentlicher Auftraggeber zu einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge Einrichtungen zulässt, die entweder von ihm selbst oder von anderen öffentlichen Auftraggebern Zuwendungen gleich welcher Art erhalten, die es ihnen ermöglichen, zu Preisen anzubieten, die erheblich unter denen ihrer Mitbewerber liegen, die keine solche Zuwendungen erhalten.

2. Die Tatsache allein, dass ein öffentlicher Auftraggeber solche Einrichtungen zu einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge zulässt, stellt weder eine versteckte Diskriminierung noch eine mit Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) unvereinbare Beschränkung dar.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

C-94/99

...

erlässt

der Gerichtshof (Sechste Kammer)

folgendes

Urteil:

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Bundesvergabeamt hat mit Beschluss vom 5. März 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 17. März 1999, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vier Fragen nach der Auslegung der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) und des Artikels 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Rz. 2

Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der ARGE Gewässerschutz (im Folgenden: ARGE) und dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft als öffentlichem Auftraggeber über die Teilnahme halböffentlicher Bieter an einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge.

Gemeinschaftsrecht

Rz. 3

Ziel der Richtlinie 92/50 ist die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge. Der zweiten Begründungserwägung zufolge trägt sie zur schrittweisen Verwirklichung des Binnenmarktes bei, der als ein Raum ohne Binnengrenzen definiert wird, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist.

Rz. 4

Nach der sechsten Begründungserwägung soll die Richtlinie Hemmnisse für den freien Dienstleistungsverkehr vermeiden. In der zwanzigsten Begründungserwägung heißt es weiter, dass bei den Vergabeverfahren ein besserer Zugang für Dienstleistungserbringer gewährleistet werden muss, um Praktiken zu unterbinden, die zu einer Einschränkung des Wettbewerbs führen und insbesondere der Auftragsvergabe an Angehörige anderer Mitgliedstaaten entgegenstehen.

Rz. 5

Gemäß Artikel 1 Buchstabe b der Richtlinie 92/50 gelten als "öffentliche Auftraggeber” im Sinne dieser Richtlinie der Staat, Gebietskörperschaften, Einrichtungen des öffentlichen Rechts und Verbände, die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder Einrichtungen bestehen.

Rz. 6

Nach dieser Vorschrift gilt als „Einrichtung des öffentlichen Rechts” jede Einrichtung,

  • die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfuellen, die nicht gewerblicher Art sind, und
  • die Rechtspersönlichkeit besitzt und
  • die überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert wird oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch letztere unterliegt oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitglieder...

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